Dr. Klaus Dede
1. Juni 1935 - 5. Mai 2018

Wer immer sich nach meinem Tode daran macht, meine Biographie zu schreiben, wird es schwer haben, denn zum einen habe ich sehr viele Quellen vernichtet und zum andern ist mein Leben außerordentlich wirr verlaufen, so dass ich es selbst kaum nachzeichnen könnte, selbst wenn ich denn wollte – aber ich will nicht. Deshalb hier nur einige Stichworte: Ich wurde am 1. Juni 1935 in Nordenham-Blexen geboren, einer Industriestadt, die aber damals noch erhebliche ländliche Strukturen aufwies, überdies als Luftwaffen-Stützpunkt vorgesehen war, sich also in einer doppelten Umbruchphase befand. Hier war mein Vater seit 1927 Pfarrer. Da er einerseits durchaus deutschnational gesinnt war, andererseits aber als überzeugter Barthianer der Bekennenden Kirche angehörte, reagierte er auf die Nazi-Umwelt seiner Gemeinde äußerlich schroff, innerlich unsicher, und floh im übrigen mehr als sonst in den Alkoholrausch. Dieser Sucht ist er auch 1942 erlegen, als ich gerade sieben Jahre alt war. Meine Mutter stammte aus einer oldenburgischen Patrizier-Familie und war sehr hart. Beides hat mich geprägt und zwar negativ. Wenn ich meine Situation beschreiben soll, so ist es die eines Gastes, der erlebt hat, dass er zu der Cocktailparty, auf die er geraten ist, nicht geladen wurde, auch nicht willkommen ist, aber er kann sie nicht verlassen, denn draußen ist es dunkel und kalt, aber eine Rückkehr ist unmöglich, und eine Alternative gibt es nicht. Dieses Gefühl, das mein Leben bestimmte, hat mich bis heute nie verlassen. Die Folge ist, dass ich auf sehr unterschiedlichen Wegen versucht habe, meine „Heimat“ zu finden – bis ich in meiner oldenburgischen Hütte gelandet bin, in der ich mich einigermaßen sicher fühle und zu bleiben hoffe, bis ich sterbe. Muss ich noch mehr miteilen?

Vielleicht noch dieses:

Aus der Tatsache, dass meiner Familie, und damit auch mir, in der Nazizeit in Blexen die Rolle der Juden zugewiesen worden war, wir also außerhalb der Gesellschaft und des Rechtes standen, folgte für mich, dass ich mich einerseits an den Konsens der anderen anzupassen suchte, andererseits dagegen revoltierte. Dieser Zwiespalt hat mein ganzes Leben geprägt - bis heute. Und aus dieser Tatsache folgt auch, dass ich sowohl von den Rechten, also den Deutschnationalen, Christen und Zionisten, als unsicherer Kantonist zurückgewiesen wurde, als auch den wenigen Linken, denen ich in meinem Leben begegnete, nicht geheuer war (die meisten Linken, die ich kenne, sind nichts weiter als Faschisten, die ein linkes Vokabular benutzen). Ich war also stets isoliert und einem intensiven Sozial-Mobbing ausgesetzt. In einer solchen Situation konnte ich nur verlieren, aber meine Niederlage hat mich auch befreit. Heute argumentiere ich ohne auf irgendetwas und irgendjemanden Rücksicht zu nehmen, auch wenn man mich nicht hört. Damit ich nicht missverstanden werde: Natürlich sage ich nicht „die Wahrheit“, denn die kenne ich nicht, aber ich folge meiner Nase und kümmere mich um andere Richtungsanzeiger nicht mehr. Und ich lade auf dieser Seite diejenigen, die mehr wissen wollen, ein, mir Fragen zu stellen oder mir ihre Meinung zu sagen. Noch ist das möglich.

Wer mehr wissen will, möge mich ansprechen.

Das wäre es für’s Erste.

Ich denke, alle weiteren Details kann ich getrost besagtem, mir unbekannten Biographen überlassen, dessen Werk ich, wenn es denn je geschrieben werden sollte, leider nie lesen werde, was mir dann aber egal sein kann.