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Dr. Klaus Dede 1. Juni 1935 - 5. Mai 2018
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-1810-1819- |
1810 |
Bremen:
Der Rat führt die Hundesteuer
ein. Von 1883 an gibt es Hundemarken. |
1810-1813 |
Bremen.
Bau der Osterholzer Heer-straße. |
1810 |
Bremen:
Die Zimmerleute streiken er-folglos für mehr Lohn und eine
Ver-kürzung der Arbeitszeit. |
1810 |
Oldenburg:
Die Franzosen
befestigen die Küste, vor allem um dem Schmuggel entgegen zu
wirken, aber auch um die Landung britischer Truppen zu
verhin-dern. Die Kette der Schanzen beginnt für den Raum an
der Jade
und Weser
mit der Carlsburg
an der Geestemünde,
setzt sich dann über Blexen,
Großwürden
und den Oberahneschen Felder
bis nach Heppens
fort. |
1810,
9. 7. |
Paris:
Durch Kaiserliches Dekret annek-tiert Napoleon
die Niederlande,
also auch das Jeverland,
für Frankreich.
Daraufhin werden die holländischen Zollbeamten, die mit den
Inselbewohnern oft gemeinsame Sache gemacht hatten, durch
französische
Beamte ersetzt. Im Sommer
1811 kommen 145 französische
Soldaten auf die Insel. Sie haben die Absicht, ein Fort zu bauen,
werden aber durch eine Sturmflut
in ihrem Vorhaben gestört. Daraufhin richten sie sich im
Turm, in der Kirche und in der Pastorei ein. Mit dem illegalen
Handel ist es unter diesen Umständen erst einmal vorbei,
schlimmer noch: Die Soldaten zwingen die Inselbewohner, das
vergrabene Schmuggelgut herauszugeben. |
1810,
26. 8. |
Eckwarden.
Die Engländer besetzen die Insel Arngast
im Jadebusen.
Der Zweck der Übung bleibt unklar. |
1810,
13. 12. |
Paris:
Napoleon
annektiert die gesamte deutsche Nordseeküste und einen
Strei-fen Land quer durch Schleswig-Holstein
bis zur Ostsee
für Frankreich.
Er will dadurch den Schmuggel mit den Briten
auf Helgoland
wirksamer unterbinden (was nicht gelingt). Die Maßnahme
bedeutet für das Herzogtum Oldenburg
besonders, dass hier die Gewerbe-freiheit
eingeführt wird, was Herzog Peter
Friedrich Ludwig
nach seiner Rückkehr sofort rückgängig macht. Im
übrigen wirkt sich besonders die Repression aus, die in der
Endphase des "Grand Empire" immer spürbarer wird. Wegen
des Krieges werden die Chancen, die sich aus der Integration in
einen großen Staat hätten ergeben können, nicht
spürbar. Hinzu kommen die Aushebungen für das Militär,
die man in Oldenburg
bis dahin nicht kannte, und die deshalb unpopulär waren, weil
diejenigen, die in Spanien oder später in Russland
eingesetzt wurden, kaum eine Chance auf Rückkehr hatten. Aus
diesen Gründen steht die Herrschaft Napoleons in keiner guten
Erinnerung, aber die Franzosen selbst sind nicht unbeliebt, zumal
ihre Verwaltung korrekt ist und bisherige Ungerechtigkeiten, wie
sie vor allem im Kurfürstentum Hannover
üblich waren, beendet. Einen Nationalhass ge-gen sie gibt es
zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Er ist das Produkt der späteren
deutschnationalen Propaganda. |
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1811- |
1811 |
Bremen:
Der Galgen bei Walle wird abgebrochen. Seit mindestens 1745 wurden
hier die Übeltäter gehenkt, die man zu dieser Strafe
verurteilte. West-lich davon, auf dem Stakenberg,
hat man die Verurteilten geköpft. |
1811 |
Bremen.
Die Schornsteinfeger wollen die alten Zunftbräuche behalten,
was unter der französischen Herrschaft aber nicht möglich
ist. Diesmal bleibt es bei der Vorbereitung des Abzugs. |
1811,
1. 1. |
Hamburg.
Marschall Davoût nimmt seine Amtsgeschäfte als
Generalgouverneur der Vereinigten hanseatischen Departe-ments auf,
zu denen auch Bremen
gehört. Er befehligt auch die 32. Militär-Division, in
der die Truppen zusammen-gefasst sind, die die Küste
bewachen. Davoût, Prince d’Eckmuhl und Duc d’ Auerstedt,
ist einer der bedeutendsten Befehlshaber Napoleons und in seinem
Charakter seinem Kaiser sehr ähnlich - also in der
Erfüllung seiner Aufgaben korrekt bis zur Brutalität,
aber nicht mehr. |
1811,
1. 7. |
Hamburg.
Nach einer Übergangszeit, in der noch das traditionelle Recht
galt, tritt nunmehr auch in dem Gebiet der 32. Militär-Division
die französische Ge-setzgebung in Kraft. Das Problem ist,
dass kriegsbedingte Härten sowie schlichte Schikanen der
Besat-zungsmacht die Vorteile, die die Reformen mit sich bringen,
überdecken. Die Französische Recht brachte nämlich:
- Die
Gleichheit aller Untertanen des Kaisers vor dem Gesetz, also
glei-che Lasten und Rechte für alle;
- die
Gewerbefreiheit, was die Emanzipation der Juden zur Folge hatte,
- die
Trennung der Justiz von der Verwaltung;
- in
den Gerichtsverfahren die Öffentlichkeit und Mündlichkeit
der Verhandlungen sowie die Einfüh-rung eines öffentlichen
Anklägers;
- sowie
eine korrekte und höfliche Verwaltung.
Das
war weit mehr als die feudale Herrschaft, die die Franzosen für
kurze Zeit abgelöst hatte, bieten konnte, blieb aber hinter
dem eigentlichen Anspruch, der sich aus der Französischen
Revo-lution ergab, weit zurück, denn demo-kratisch war das
"Grand Empire" ganz sicher nicht, ebenso wenig gab es zu
diesem Zeitpunkt noch eine Meinungs- und Pressefreiheit, aber das
waren Er-rungenschaften, die überall in der Welt noch im
Schoße der Zukunft lagen und die noch nicht ernsthaft
gefordert wur-den. Dennoch gab es eine Opposition gegen die
französische Besetzung (denn als eine solche wurde die
Annektion in das Grand Empire empfunden). Sie grün-dete sich
vor allem auf der Tatsache, dass wegen des Krieges der bremische
Handel faktisch vernichtet war. Hinzu traten die finanziellen
Belastungen, die möglicherweise nicht sehr hoch waren, aber
unnachsichtig eingetrieben wurden. Dann war neu, dass junge Männer
zum Kriegsdienst gezwungen wurden - das kannte man nicht,
weshalb die Konskri-bierten nach Möglichkeit desertierten,
und das mit gutem Grund. Zwar wusste man 1811 noch nichts von den
Schrek-ken des Feldzuges gegen Russland, aber man erzählte
sich natürlich von dem Krieg in Spanien, wo sich das ganze
Volk gegen die Franzosen erhoben hatte mit der Folge, dass hier
die Soldaten der Besatzungsmacht, die krank oder ver-wundet am
Wege liegen geblieben wa-ren, keine Überlebenschance hatten,
weil sie gnadenlos ermordet wurden. Natürlich galt auch für
die französische Armee dieser Zeit: "Die längste Zeit
seines Lebens // wartet der Soldat vergebens". Aber was half das
dem-jenigen, der nicht das Glück hatte, in Blexen auf eine
englische Landung zu warten, die nie erfolgte, und stattdessen in
Richtung Madrid in Marsch gesetzt wurde? Nichts. Und dann folgte
ja die Katastrophe in Russland. An dem Feld-zug nahm das 128.
Linienregiment, das aus Soldaten der hanseatischen Depar-tements
gebildet worden war, teil und aus ihm kehrte kaum jemand zurück.
Und die Einheit war erst im Herbst 1811 gebildet worden, hat also
etwa ein Jahr bestanden. |
1811,
28. 2. |
Jever:
Den Bewohnern des Jeverlandes
wird bekannt gemacht, dass sie nunmehr Franzosen
geworden sind. |
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1812- |
1812,
1. 2. |
Bremen:
Nach dem Verbot der "Bremer wöchentlichen Nachrichten"
erschien in dem nunmehr französischen Bremen das "Journal
du Departement des Bouches du Weser".
Das offizielle Blatt der kai-serlichen Verwaltung, das aus
franzö-sichen Artikeln und deren deutschen Übersetzungen
bestand, erschien am 26. Oktober 1813 zum letzten Mal. Von
"Pressefreiheit" konnte natürlich auch im
vorrevolutionären Bremen nicht die Rede sein, so dass sich
mit der Annek-tion Nordeutschlands eigentlich nur die Titel der
Zeitungen veränderten. Neu war auch, dass sie zur Hälfte
in Franzö—sisch geschrieben waren, was darauf-hin deutete,
dass die Verwaltungsprache auch bald zur Umgangssprache werden
sollte, vor allem war ungewohnt, dass numehr die Verhältnisse
in allen Departements des Grand Empire unifor-miert wurden. Dass
Bremen sich irgend-eine Eigentümlichkeit leistete, war
nun-mehr ausgeschlossen - und das ärgerte wohl am meisten. |
1812 |
Grohn:
Die Franzosen
brechen den Galgen, der auf einem Sandhügel auf dem
Sonnenkamp
stand, ab. Unter ihrer Herrschaft verlor die Gutsherrschaft
Schönebeck,
zu der auch Grohn
gehörte, die "volle Gerichtsbarkeit", weswegen das
Instrument überflüssig wurde. Im übrigen wurden die
Opfer bei den Franzosen
(wie auch später im Deut-schen Reich)
geköpft und nicht aufgehängt, was man für humaner
hielt. Der Galgen war zuletzt 1750 benutzt worden, als man einen
Schäfer tötete, der seine Frau ermordet hatte. |
1812 |
Atens:
Johann Friedrich Müller
(1784 - 1869), Holz- und Getreidehändler aus dem Kirchspiel
Bockhorn,
kauft das Gut Schützfeld.
Er erwirbt zusätzlich im Jahre 1818 die Ziegelei
in Atens
und schließlich 1841 die "Friedeburg",
wo er eine "Handlung" betrieb, also ein Ladengeschäft,
das praktisch alles führte, was man so brauchte. Das Ereignis
ist deshalb wichtig, weil sein Sohn Wilhelm Müller
(1821 - 1899), der die "Friedeburg"
erbte, auf der er auch wohnte, später zum Gründer der
Stadt Nordenham
wurde. |
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1813- |
1813,
März |
Bremen.
Nach der verheerenden Nie-derlage des Kaisers Napoleon
in Russ-land
kommt es an der norddeutschen Küste, ausgehend von Hamburg,
zu Auf-ständen gegen die französische
Herr-schaft:
- Hamburg,
24. Februar: In der von französischen Truppen entblößten
Stadt kommt es zu ersten Unruhen und Plünderungen
französischer Magazine.
- Hamburg,
3. März: General Carra St. Cyr
lässt in Hamburg sechs Bürger nach einem
Standgerichtsverfahren erschießen. Die Bürger sind
eingeschüchtert und bleiben ruhig.
- Dorum,
9. März: Aufstand in Dorum gegen die Franzosen.
- Lehe:
12. März: Im Lande Wursten
kommt es zu Unruhen. In dem Flecken Lehe
wird der franzö-sische
Adler von den Amtsgebäu-den abgerissen. Es kommt auch hier
zu Plünderungen. Französische Zollbeamten fliehen aus
der Stadt.
- Hamburg,
17. März: Der russische Oberst Tettenborn trifft in
Berge-dorf ein und ein Trupp Husaren ercheinen in der Stadt
Hamburg. Daraufhin löst sich die französische
Verwaltung auf und die alten Sena-toren treten wieder in ihre
Ämter ein. Die Franzosen unter dem Divi-sions-General Carra
St. Cyr räu-men die Stadt. Tettenborn selbst erscheint am
18. März in der Han-sestadt
- Lehe,
17. März: Die Besatzung der Carlsburg
verlässt das Fort an der Geeste und übergibt die
Schanze an die Aufständischen.
- Blexen,
18. März: Die Besatzung des Forts auf dem Groden revoltiert
gegen die französischen Offiziere, die daraufhin den Ort
verlassen.
- Oldenburg,
19. März: Der Unter-präfekt des Arrondissemts
Olden-burg verlässt seine Residenz und zieht sich nach
Bremen
zurück.
- Bremen,
20. März: Der Divisi-onsgeneral Carra St. Cyr
verhängt über das Arrondissement Bremen den
Ausnahmezustand, den er aber am 1. April wieder aufhebt.
- Blexen,
25. März: Eine französi-sche
"colonne mobile" erobert die Batterie auf dem Blexer
Groden zurück. Die Besatzung wird gefangen genommen. Ihr
Anführer, Lübbe Eylers,
wird sofort erschos-sen. Zehn weitere erleiden am 26. März
vor der Blexer
Kirche das-selbe Schicksal. Danach ziehen sie wieder ab. Blexen
ist ohne Besat-zung.
- Lehe,
25. März: Gefecht an der Geestebrücke
bei Lehe.
Die Fran-zosen erobern den Flecken Lehe,
der sich gegen die französische
Herrschaft erhoben hatte, zurück.
- Oldenburg:
27. März: Die französi-schen Truppen nehmen die Stadt
wieder ein.
- Bremen:
30. März: In der Hanse-stadt übernimmt der General
Van-damme
das Kommando. Damit betritt ein Offizier die Szene, der wegen
seiner Brutalität gefürchtet ist.
- Paris,
3. April: Der Senat des Französischen Kaiserreichs hebt in
den drei norddeutschen Departe-ments die Verfassung auf.
- Bremen,
5. April: Vier weitere Sol-daten, die in Blexen gefangen
ge-nommen worden waren, werden in Bremen auf dem Waller Feld
er-chossen.
- Bremen,
9. April: Die oldenburgi-schen
Beamten Albert
Ludwig von Berger
und Christian Daniel von Finckh
werden zum Tode verurteilt und am 10. April vor dem Doventor
erschossen.
- Blexen/Lehe,
3. April: Ein briti-sches Kommando landet an der Wesermündung
und demoliert in den Forts an der Geestemündung und bei
Blexen, was noch irgend-wie brauchbar ist.
- Blexen/Lehe:
Die Forts der Weser-mündung werden danach erneut von den
Franzosen besetzt. Sie sind deshalb wichtig, weil Davoût,
der in Hamburg belagert wird, über sie seine Verbindung mit
Paris aufrecht erhält.
- Bremen,
13. April: Vandamme
lässt noch fünf weitere Personen er-schießen,
weil sie am 15. März die Kutsche des Präfekten Arberg
angegriffen und geplündert haben sollten.
- Bremen,
18. April: Ein Gastwirt aus Oldenburg,
der sich an Plünderun-gen beteiligt haben sollte, wird
ebenfalls erschossen.
- Lilienthal,
20./21. April: In und um den Flecken kommt es zu Schieße-reien
zwischen Kosaken und fran-zösischer Infanterie. Dabei
schla-gen Brandkugeln in dem Ort ein, der fast völlig
eingeäschert wird. Anschließend kommt es zu
Plünderungen.
- Bremen,
23. April: Der Marschall Davoût
trifft in Bremen
ein. Er leitet die Rückeroberung Hamburgs ein. Damit geht
das Schreckens-regiment Vandammes
zu Ende.
- Hamburg,
30. Mai. Tettenborn zieht aus Hamburg ab. Die Stadt wird von
Davoust zurückerobert und dann bis zum Friedensschluss
er-folgreich verteidigt.
- Boitzenburg,
9. Oktober: Der damals russische Oberst Tetten-born überschreitet
mit einer zu-sammengewürfelten Truppe von etwa 1600 Mann und
mit drei leichten Geschützen die Elbe.
- Verden,
12. Okober: Oberst Tettenborn
erreicht mit etwa 2000 Mann und drei leichten Geschützen
die alte Bischofsstadt. Bremen
wird von den Franzosen
in den Verteidi-gungzustand versetzt, doch es fehlt an Männern,
um die Wälle zu be-setzen.
- Bremen:
14. Oktober: Vor dem Ostertor
kommt es zu Schießereien der Besatzung (in diesem Falle
handelt es es sich um Schweizer) mit den Soldaten Tettenborns.
Dabei wird der französische
Stadt-kommandant, Oberst Tullier,
durch einen Scharfschützen getötet. Sein Nachfolger
kapituliert am 15. Oktober gegen den freien Abzug der Besatzung.
Tettenborn zieht am 16. Oktober feierlich in Bremen ein.
- Bremen,
18. Oktober: Tettenborn
und seine Truppe verlassen Bremen
wieder.
- Bremen:
21. Oktober: Die Franzo-sen
besetzen die Stadt erneut, je-doch erhält der Kommandeur,
Ge-neral Lauberdière,
am 25. Oktober die Nachricht von der Niederlage Napoleons bei
Leipzig, die ihn ver-anlasst, den Platz wieder zu räu-men.
Bremen wird daraufhin sofort erneut von Kosaken vbesetzt.
- Bremen,
4. November: Tettensborn ist wieder da. Die französischen
Behörden werden aufgelöst und die alten Senatoren
wieder in ihre Äm-ter eingesetzt. Am 6. November wird auch
formell die alte Verfas-sung der Stadt wieder in Kraft gesetzt.
Die Franzosenzeit
war zu Ende.
- Blexen/Lehe,
25. November: Rus-sische Soldaten landen am 24. November auf
englischen Schiffen in der Wesermündung. Die Franzo-sen in
den Forts von Lehe und Blexen kapitulieren am 25. No-vember
kampflos und werden ab-transportiert.
- Blexen/Lehe:
5. Dezember: Die russische Besatzungstruppe rückt ab.
Die
Vorgänge an der Unterweser im Jahre 1813 waren an sich für
die da-maligen politischen Vorgänge ohne größere
Bedeutung, indes spielten sie im 19. und im 20. Jahrhundert in der
deutschnationalen Propaganda eine große Rolle, weil man den
Aufstän-dischen unterstellte, dass sie sich aus einer
deutschnationalen Gesinnung he-raus gegen die französische
Besatzung erhoben hatten. Das war jedoch nicht der Fall. So weit
es die "niedrigen" Klassen anging, ging es darum, die faktisch
unbewachten Magazine des französischen Zolls auszuplündern,
wo-bei der heiß begehrte Kaffee ein wich-tiges Objekt der
Begehrlichkeit war. Die Vertreter der oberen Schichten hinge-gen
suchten vor allem Schaden von den Kommunen, für die sie
verantwortlich waren, abzuwenden, indem sie sich der jeweiligen
Situation anpassten. So weit politische Erwägungen eine Rolle
spiel-ten, ging es den Aufständigen darum, die Zustände,
wie sie vor der "Fran-zosenzeit" bestanden, wieder
herzu-stellen. Im Land Wursten bekannte man sich also zu den
Welfen und damit zu den englischen Königen. In Hamburg setzte
man die alte Senatoren wieder ein, ebenso in Bremen. In Blexen, wo
man derartige Loyalitäten nicht kannte, wartete man schlicht
ab, wer sich in dem Durcheinander durchsetzen würde. Der
deutsche Nationalismus als Handlungs-motiv der Massen entwickelte
sich auf Grund der Propaganda-Tätigkeit der Lehrer und der
Pastoren erst im Laufe des 19. Jahrhunderts. |
1813,
16. 10. |
Bremen:
In der Stadt werden einige Stücke der "Zeitung aus dem
Feld-lager" gedruckt. Das war eine "Front-zeitung", die für
die kämpfende Truppe bestimmt war und, entsprechend dem
Frontverlauf, an verschiedenen Orten hergestellt wurde. Die 8.
(von insgesamt 16 Nummern) wurde in der Hansestadt gedruckt. |
1813-1815 |
Burg:
Bau einer Holzbrücke über die Lesum. Sie wird 1892/93
durch eine Eisenbrücke ersetzt. |
1813,
1. 12. |
Berlin:
König Friedrich Wilhelm III. von Preußen
garantiert in einem Brief an Wilhelm v. Humboldt
die Selbständigkeit Bremens.
Am 8. 1. 1814 schließen sich Österreich
und Russland
dieser Haltung an. Damit ist die Souveränität der
Han-sestadt
faktisch gesichert. Die rechtliche Anerkennung folgte am 9. 6.
1815 mit der Annahme der Bundesakte für den Deutschen Bund
auf dem Wiener Kon-gress. |
1813 |
Wangerooge:
Nach einem überaus har-ten Winter,
in dem sich das Eis so hoch türmte, dass acht Wochen lang
kein Boot zum Festland (geschweige denn nach Helgoland)
kommen konnte, räumen die französischen Soldaten die
Insel. Sie ha-ben sich zuletzt sehr unbeliebt gemacht, weil sie
Nahrungsmittel von den Ein-wohnern erpressten - schließlich
be-saßen sie Waffen und die Wangerooger
nicht. Nun waren sie also fort und die Inselbewohner benutzen, wie
andern Orts auch, die Gelegenheit, um das Pro-viantlager im
Kirchturm aufzubrechen und zu plündern. Zwar kehren die
Fran-zosen
auch hier noch einmal zurück. Sie greifen sich zwei
Wangerooger,
Tiark Tannen
und Hanke Janssen
Hanken, sperren sie in den Turm ein und drohen, das Bauwerk zu
sprengen, wenn die Gefangenen nicht die Verstecke der letzten
englischen Waren verrieten, was sie offenbar auch tun. Ende April
werden die Gefangenen auf das Festland ge-bracht und am 2. Juli
1813 erschossen, weil sie angeblich die Anstifter des Aufruhrs
gewesen seien, bei dem das Munitions- und Lebensmittellager der
Franzosen geplündert worden war. Auf Wangerooge war die
Franzosenzeit
in-zwischen zu Ende gegangen, denn in der Nacht vom auf den 5.
April war der Kommandant der Insel, Lieutenant Pierre Duchon
mit seiner Frau, auf einem Boot nach Helgoland geflohen.
Wangerooge
untersteht von nun an wieder formal dem russischen faktisch der
oldenbur-gischen
Regierung. |
1813,
1. 11. |
Jever:
Kosacken besetzen die Stadt. Jever
ist damit formal wieder russisch, aber Zar Alexander I.
überträgt dem Herzog Peter
Friedrich Ludwig
die Verwaltung und Nutznießung der Herr-schaft. Am 18. April
1818 tritt der Zar die Herrschaft Jever
auch formell an den Herzog von Oldenburg
ab, aber bis zu ihrer Absetzung führen die Zaren von ganz
Russland
und Großfürsten von Finnland weiter den Titel eines
"Herrn von Jever". |
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-1814- |
1814 |
Bremen:
Das Bischofstor
wird einge-richtet. Als "Bischofsnadel"
1274 er-wähnt, dann aber im Jahre 1522 ge-sperrt, weil der
Wall aufgeschüttet wurde. |
1814,
13. 8. |
Bremen.
Der Senat hebt die Eman-zipation der Juden auf. Sie erhalten nur
eine Aufenthaltserlaubsnis für sechs Jahre. |
1814,
22. 3. |
Vegesack:
Jürgen Sager erwirbt die Nutzungsrechte an dem Grundstück
von der Witwe des Schiffbauers Peter Jantzen (der am 1. Juli 1813
gestorben war) und beginnt hier mit dem Schiffbau. Am 6. September
1815 läuft die Galiot "Eduard" als erster Neubau vom
Sta-pel. Insgesamt baut die Firma 69 Schiffe, das letzte 1869.
Danach beendet die Werft ihre Tätigkeit. |
1814
- 1822 |
Sande:
Katharinengroden
am Schwarzen Brack
eingedeicht. eingedeicht |
1814 |
Oldenburg:
Nach seiner Rückkehr aus dem russischen Exil macht Herzog
Peter
Friedrich Ludwig
alle Maßnahmen der französischen Regierung rückgängig
- nur die Leibeigenschaft wird nicht wieder eingeführt,
aber sie hat es in der Marsch eh nie gegeben und war im
Nie-derstift Vechta
selten. Da auch die fran-zösischen Verwaltungseinheiten, die
oh-ne Rücksicht auf dynastische Traditi-onen gebildet worden
waren, nicht auf-recht erhalten werden konnten und soll-ten,
erlässt der Landesherr am 26. September 1814 eine
Verwaltungs-reform, wie wir sagen würden, die das Land in
Kreise, Ämter und Kirchspiele gliedert. Zum Kreis Ovelgönne
gehören die Ämter Rodenkirchen,
Abbehausen,
Burhave und
Schwei. Bis
zur franzö-sischen Besetzung bestand die Vogtei Blexen
aus den Kirchspielen Blexen
und Atens.
Diese Einheit wird nunmehr auf-gesprengt und führt zu einer
zuneh-menden emotionalen Entfremdung zwi-schen den beiden Orten,
bis 1933 mit einer neuerlichen und nunmehr letzten
oldenburgischen
Verwaltungsreform der Zustand, wie er bis 1810 gegeben war, wieder
eingeführt wird, nur dass die Gemeinde jetzt nicht Blexen,
sondern Nordenham
heißt - ein schöner Beweis dafür, dass in der
Marsch, die bis in unsere Tage beständig neu kolonisiert
wurde, Traditionen nichts gelten. Genau genommen war es schon
falsch, die neue Industrieansiedlung "Nordenham" zu nennen,
denn das war ursprünglich nur ein Hof in der Gemeinde Atens
und dazu nicht einmal ein sehr alter, aber das wussten die
Menschen, die 1908 hier wohnten, längst nicht mehr. Sie
bezeich-neten sich als "Nordenhamer" und nannten
konsequenterweise ihre Stadt deshalb "Nordenham", und dieser
Vorgang wiederholte sich 1933, als man den traditionellen Namen
"Blexen" fallen ließ und der ganze Kommune nunmehr den
neuen Namen gab. |
1814 |
Wangerooge:
Ab Oktober brennt wieder das Feuer auf der Insel , das den
Schif-fern als Seezeichen dient. Der Turm wird aus diesem Anlass
von 44 auf 62 Fuß (etwa 20 Meter) erhöht. |
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1815- |
1815 |
Wien.
Durch die Bundesakte wird das Verbot der Auswanderung aufgehoben.
Diese Vorschrift hat für Bremen zu-nächst keine
Bedeutung, wird aber zwanzig Jahre später die Grundlage für
den wirtschaftlichen Aufstieg der Freien hansestadt im 19.
Jahrhndert. |
1815,
1. 10. |
Bremen:
Die "Bremer
Zeitung" er-scheint. |
1815,
7. 4. |
Bremen.
Der Kaufmann
Carl Heinrich Schünemann
erhält eine Konzession für den Betrieb einer Druckerei.
1817 be-treibt er auch einen Buchverlag. Seit 1833 erscheinen
indem Hause die "Bremer
Wöchentlichen Nachrichten", die ab 1854 unter dem Namen
"Bremer
Nachrichten" täglich erscheinen. Die Zeitung blieb 1974
selbständig und wur-de dann an den Weser-Kurier
verkauft. |
1815 |
Bremen:
Gründung der Singakademie in Bremen.
Sie ging 1892 im Philharmoni-schen Chor
auf. |
1815
7. 10. |
Kniphausen:
Graf Wilhelm Gustav Fried-rich von Bentinck
besetzt die Burg
Kniphausen, muss aber fliehen, weil dreißig oldenburgische
Dragoner nahen, um ihn zu vertreiben. |
1815 |
Wangerooge:
Der "Westturm",
der von den Franzosen
als Wachstube und Ge-fängnis genutzt worden war, wird
reno-viert. Auch der Kirchenraum wird er-neuert. Im Jahre 1816
schenkt der Her-zog der Insel eine neue Orgel. Im Jahre 1828
bewilligt die Landesregierung 150 Taler für ein neues
Instrument. Das Geschenk des Herzogs kann also nicht viel getaugt
haben. |
1815-1816 |
Wittmund:
Bau der Syngoge. Das Gebäu-de wurde von der israelitischen
Gemein-de zum 1. Juli 1938 an den Kaufmann
Enno Cornelius
verkauft und sofort abge-brochen. Das "Jeversche Wo-chenblatt"
höhnte aus diesem Anlass: "Damit wird ein langersehnter
Wunsch über die Zukunft dieses unansehnlichen Gebäudes,
welches zudem auch noch außerhalb der Front steht, erfüllt
wer-den. Hoffentlich wird nun auch alsbald der uralte
Judenfriedhof
von der Juden-gemeinde
aufgegeben und dieser unan-sehnliche Platz an der Finkenburgstr.
für eine zweckvollere Verwendung freige-geben. Denn jetzt ist
dieser Platz nur ein großer Unkrautgarten, genau sowie die
Juden für
unser Volk das größte Unkraut waren."
(Heimatkundliche Blatter, 1. 2002, S. 10) Noch gab es Juden im
Deutschen Reich,
aber der Berichter-statter schreibt, dass die Juden
Unkraut waren - so als ob sie schon nicht mehr
existierten. Sage mir noch jemand, dass man nicht wusste, was das
Ziel des Ju-denpogroms
damals war: die freudsche Fehlleistung verrät die tiefsten
Hoffnun-gen des Autors. |
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1816- |
1816,
25. 3. |
Bremen:
Das Senatswahlgesetz tritt in Kraft. Damit hat Bremen die erste
neue Verfassung nach dem Ende der Franzosenzeit. |
1816 |
Bremen:
Für Hermann v. Kapff,
der als Soldat der Hanseatischen Legion am 15. Juni 1816 bei Ligny
gefallen war, wird in Bremen
ein Denkmal errichtet, das zunächst auf einem Bauernhof in
Ober-neuland
stand, dann seit 1860 im Vorhof des Herdenthorskirchhofs
aufgestellt war und schließlich 1923 beim Bau des Postamts
5 noch
einmal versetzt wurde. Es ist heute verschollen. Es eröffnet
die lange Reihe von Kriegerdenkmälern, die immer mehr Toten
gewidmet waren. |
1816-1819 |
Horn:
Bau der Chaussee von Bremen nach Horn. Da das Dorf jetzt leichter
zugänglich ist, siedeln sich in dem Ort wohlhabende Bremer
Kaufleute an, die gleichzeitig Handwerker und Höker nach sich
ziehen. |
1816,
19. 8. |
Elsfleth:
Gründung der Elsflether
Lotsen-Gesellschaft |
1816 |
Wangerooge:
Die Austernbänke, die 1784 durch Frost zugrunde gegangen und
dann nicht wieder erneuert worden waren, werden neu angelegt. |
1816 |
Wangerland:
Nach einem Brand wird die Stumpenser Mühle
wieder aufgebaut. Es handelt sich um einen Galerie-Holländer.
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1817- |
1817 |
Bremen:
Drei bremische Schiffe laufen nach Brasilien aus. Damit beginnt
erneut der Handel mit Amerika, jedoch vorerst auf niedrigem
Niveau, weil Deutschland von billigen britischen Produkten
über-schwemmt wird. Es fehlt also an Fracht, die bremische
Schiffe transportieren können, so dass die amerikanische
Flagge auf der Weser
die Szene be-herrscht. |
1817 |
Bremen:
Das Haus der Museumsge-sellschaft
wird mit einer Gasflamme erleuchtet. Damit zieht diese neue
Energiequelle in die Stadt ein! |
1817 |
Bremen:
Der noch aus dem Mittelalter stammende Torfgraben
wird nunmehr (bis 1826) erweitert und auf ein bzw. zwei Meter
Tiefe gebracht. Er heißt nunmehr Neuer Torfkanal.
Er ist wichtig, weil auf ihm das in den Mooren rund um Bremen
gewonnene Brennmaterial in die Stadt gebracht wird. Die kleine
Was-serstraße entwickelt sich zu einem rich-tigen
Verkehrssystem, wobei der Neue Torfkanal
1865 eine Schleuse erhält. Bis dahin mussten die Torfkähne
bei Munthe über den Deich gezerrt werden, was bei den kleinen
Booten, die bis dahin üblich waren, noch geschehen konnte,
später aber nicht mehr. 1869 kam der Semkenfahrts-Kanal
hinzu, dann der Kleine Schiffahrtskanal
und schließlich die kleine Wümme.
Der Torf wurde ab 1873 an der Bürgerweide ausgeladen, von wo
aus die Schienen des Hannoverschen Bahnhofs leicht zu erreichen
waren. So konnten auch Kunden außerhalb Bremens mit dem
Brennstoff versorgt werden. Die Hafen-anlagen, die damals gebaut
wurden, sind heute noch in Resten zu sehen. |
1817 |
Lehe:
Die Regierung in Hannover
kauft rings um die Carlsburg
an der Geeste-mündung
Ländereien, um hier einen Ha-fen anzulegen. Es wird ein Deich
aufge-schüttet, ein Hafenhaus errichtet, aus-serdem werden ab
1818 Duckdalben in die Geeste
gerammt. Es entsteht also eine Anlegestelle, die auch von einigen
Schiffen genutzt wird. Pläne, an der Geestemündung oder
am Leher Weser-ufer einen Hafen vorzuhalten, werden von der
Regierung in Hannover seit 1800 gewälzt, schließlich
aber aufge-geben, weil man meint, dass man ohne die Hilfe der
bremischen Kaufleute die notwendigen Handelsbeziehungen nicht
aufbauen könne. |
1817 |
Bremen:
Der Handel Bremens
blüht nach dem Ende der Kontinentalsperre
auf, leidet aber darunter, dass die Seeschiffe den Hafen der
Hansestadt nicht mehr anlaufen können, da die Weser
zu flach ist. Zwar versucht man von 1817 - 1827 durch Schlengen
den Strom zu verengen und damit schneller zu machen, aber das
Ergebnis solcher Massnahmen ist unbefriedigend. Es blei-ben nur
zwei Auswege: Zum einen die Vertiefung des Weser-Fahrwassers und
daneben die Gründung eines neuen Bremer Hafens an der
Wesermündung. Beide Möglichkeiten wurden diskutiert,
aber zuerst versuchte man es mit einer Vertiefung der Weser. Das
führt zu einem ersten Unternehmen dieser Art, indem die Stadt
einen Bagger in Auftrag gibt, dessen Schaufeln mit einem Tretrad
betrieben wurden. Damit sollte die Weser vertieft werden. Der
Versuch scheitert. Damit kam die andere Lösug stärker in
den Blick, nämlich die Gründung eines neuen Bremer
Hafens weiter weserabwärts. Man behalf sich aber zunächst
dadurch, dass man weiter weserabwärts die Seeschiffe
leichterte und die Güter dann mit flachgehenden Kähnen
nach Bremen schaffte. Das ge-schah jetzt in zunehmendem Masse in
Brake, das
aber zum Herzogtum Olden-burg
gehörte. Der dort regierende Herzog Peter Friedrich Ludwig
begriff bedauerlicherweise nicht die Chance, die sich ihm durch
die Zusammenarbeit mit dem bremischen Kapital bot. Er suchte
stattdessen den Konflikt und so entstand der neue Bremer Hafen an
der Geeste und nicht, wie es vernünftigerweise von Fachleuten
empfohlen worden war, an dem Blexer Weserufer. |
1817 |
Varel:
Das Schloss in Varel
wird durch einen weiteren Brand erneut beschädigt.. |
1817,
31. 10. |
Vegesack:
Am 300. Jahrestag der Reformation
vereinigten sich in Vege-sack
Lutheraner und Reformierte zu einer einzigen Kirchengemeinde.
Bislang waren die Vegesacker
nach Blumenthal
eingepfarrt, dabei hatte es immer wie-der Schwierigkeiten
gegeben, weil Ve-gesack
mal nach Bremen
gehörte, wo der Calivinismus
vorherrschte, mal nach Hannover,
wo die Lehre Luthers
ver-bindlich war. Es gab also an dem Ort Lutheraner und
Calvinisten, die sich hier, wie überall auch, feindlich
gegen-über standen. Da keine Gruppe in der Lage war, einen
eigenen Pfarrer zu besolden, man aber das Bedürfnis hatte,
eine Kirche am Ort zu haben, entschied der Senat in Bremen, eine
solche zwar zu bauen, dort aber abwechselnd je einen Lutheraner
und dann einen Calvi-nisten amtieren zu lassen. Diese Rege-lung
geriet aber bald in Vergessenheit. Und so vereinigte man sich hier
im Geiste Einer Kirche, "deren unerschüt-terlicher
Grundpfeiler Einheit im Geiste und stets vereinigtes Streben nach
je-dem Guten ist", so steht es in der Stif-tungsurkunde. (Die
Gründung dieser Kirchengemeinde scheint mir deshalb ein
besonderes Ereignis zu sein, weil hier die Vereinigung der
Lutheraner mit reformierten Christen nicht, wie in Preußen,
auf Befehl des Königs erfolgte, sondern weil es die
Gemeindeglieder so wollten. Sie setzten sich damit über die
enormen dogmatischen wie auch ekkle-siologischen Gegensätze,
die nun einmal zwischen Luther und Calvin aufgebro-chen waren, mit
kühnem Schwung hin-weg. Diese Operation setzt natürlich
den Pietismus voraus, der auf die "Liebe zu Christus" abhob
und damit die Dogmen relativierte. In Vegesack ging man aber noch
einen Schritt weiter, indem man die "Erlösung durch
Befreiung Christus" nicht mehr zum Zentrum des eigenen
Bekenntnisses machte, sondern das Streben nach dem Guten. Was das
nun konkret sein mochte, war natürlich Sache mehr oder minder
freischweben-der Interpretationen, die man dann nachträglich
durch passende Bibelzitate abstützte. Die christliche
Religion war damit zu einer Moral degeneriert, die durch den
gesellschaftlichen Konsens legitimiert wurde, nicht mehr durch die
göttliche Offenbarung - ein Vorgang, der dann im 20.
Jahrhundert durch Karl Barth kritisiert und bis zu einem gewissen
Grade auch korrigiert wurde. |
1817,
6. 5. |
Vegesack:
Die "Weser"
legt in Bremen
zu ihrer ersten Fahrt auf der Weser
ab. Damit beginnt die Dampfschifffahrt auf dem Strom - eine neue
Epoche in der Geschichte der Hansestadt. Die "We-ser" bediente
zunächst die Linie Bre-men - Elsfleth
- Brake
und fuhr von 1828 an bis Bremerhaven,
wobei das Boot sechs Passagiere mitnehmen konn-te. Die "Weser"
war das erste Dampf-schiff auf der Weser. Sie war auf der Werft
Johann Lange
in Vegesack
gebaut worden. Sie wurde 1833 außer Dienst gestellt. Im
Jahre 1818 setzt Schröder
ein zweites Dampfboot ein, die "Herzog von Cumberland",
die aber seit 1820 nicht mehr erwähnt wird. Ihr Schicksal ist
unbekannt. |
|
1818- |
1818,
1. 8. |
Hamburg/Bremen:
Handelsvertrag zwi-schen den Hansestädten
Bremen und
Hamburg und
den USA |
1818 |
Bremen:
Der "Oberländische Hafen" wird eröffnet. Er dient
als Liegeplatz für die Binnenschiffer, wenn der Eisgang sie
zu einer Ruhepause zwang, die damals ein halbes Jahr dauern
konnte. Das Ha-fenbecken wird von 1901-1905 zuge-schüttet. |
1818 |
Bremen:
Die Hansestadt legt östlich der Melllumplate ein
"Leuchtschiff" aus. |
1818 |
Bremen:
Zwischen dem Alten Wall
und dem damaligen Oberländischen Hafen
(Oberweser-Hafen)
wird eine Fähre ein-gerichtet. Als die Hafenanlagen 1903
zugeschüttet wurden, diente das Ruder-boot weiter dem
Zubringer-Verkehr für die Badeanstalten am Sielwall
(Wolter-sche Flussbadenanstalt
bis 1929 und Badeanstalt am Oberweser-Hafen ab 1925 sowie zum
Brettmannschen Frei-bad).
Der Betrieb wurde Ende 1948 eingestellt. |
1818,
16. 10. |
Bremen:
Die "Bürgerschaft"
erklärt: "Es können unter keinerlei Art von
Be-dingungen Juden
aufgenommen wer-den." Das sei als Beispiel für eine Politik
zitiert, die darauf abzielte, Juden, die 1811 durch das
französische
Recht emanzipiert worden waren, aus der Stadt zu drängen, was
im Einzelnen nicht so einfach war. Schwarzwälder stellt
jedoch ausdrücklich fest: "Die bremische
Poli-tik war judenfeindlich". Und weiter unten: "Es gab ...
keine politisch einflussreiche Gruppe, die sich in Bre-men
für die Juden eingesetzt hätte." (Schwarzwälder:
Geschichte der freien Hansestadt Bremen,
II. Band, 1976, S. 99) |
1818,
19. 7. |
Geestendorf.
Die königliche Regierung in Hannover genehmigt die Gründung
eines Nothafens in der Geestemündung. Das führt 1821
dazu, dass hier ein Lösch-platz entsteht. Damit ist der
Grundstein für die künftige Stadt Geestemünde
ge-legt. |
1818 |
Varel:
"Der Gemeinnützige"
- die Vareler
Zeitung bis heute (wenn auch als Teil der Nordwest-Zeitung) -
gegrün-det. |
1818-1820 |
Sande:
Adelheids Groden
am Jadebusen
eingedeicht |
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1819- |
1819 |
Bremen:
Die Segler "Ladoga" und "Ganges" bringen aus Ostasien
Kaffee, Farbholz, Ochsenhäute, Hörner, Indigo, Nelken
und Muskat. Damit ist der Handel vor allem mit Japan und China
wieder eröffnet. |
1819 |
Brake:
Die Braker
Kaje wird gebaut und der Sielhafen erweitert. |
1819 |
Großensiel:
Theile Müller
aus Bockhorn
erwirbt den Besitz des Kaufmanns Mommsen
in Großensiel und pachtet darüber hinaus das Gut
Königsfeld,
wo er eine "Käserei" einrichtet. Das ist der erste
Versuch in der Wesermarsch,
Milch industriell zu verwerten, der aber misslingt, weil die dazu
nötigen Maschinen noch nicht zur Verfügung stehen. |
1819 |
Brake:
Das Außentief des Braker Siels wird zum Hafen ausgebaut.
Später entsteht daraus der Braker Binnenhafen. |
1819 |
Wangerooge:
Die oldenburgische Regie-rung beginnt damit, die Insel für
den Fremdenverkehr zu erschließen. Sie lässt ein
Logierhaus mit elf Zimmern bauen, dazu wird die Vogtei durch einen
Anbau zu einem Konversationshaus umgewandelt. In der Zerbster
Kaserne bringt man ein Badeanstalt unter, dazu richten sich hier
ein Badearzt und ein Apotheker ein. Man beginnt auch mit der
Werbung für das Seebad - mit Erfolg, denn schon 1821 wird
das Konversa-tionshaus um drei Zimmer und einen Saal erweitert. In
der Badeanstalt kann man sich nunmehr in Seewasser aalen, das
durch Hanf-Schläuche in ein Bassin und von dort in das Bad
gepumpt wird. 1823 erhält die Insel dann ein neues Badehaus. |
1819 |
Thunum:
Am Weg von Esens
nach Folstenhausen
stand die "Post’sche Mühle’.
Sie war ein einstöckiger Gale-rie-Holländer,
der mit Stroh gedeckt war. Im Jahre 1914 brannten Wohnhaus und
Schuppen neben der Mühle aus, sie selbst aber blieb stehen.
Dafür gab es aber im Ersten Weltkrieg kein Korn mehr, das man
hätte mahlen können. Sie wurde also stillgelegt und kam
nie wie-der recht in Gang. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie von
einer Bombe getroffen und der Rest 1965 abgebrochen |
1819,
11. 8. |
Aurich:
In Ostfriesland
werden die Zünfte wieder hergestellt, wobei verfügt
wurde, dass Juden
nicht in sie aufge-nommen werden durften. Damit beginnt eine
Politik der Regierung in Hannover,
die darauf abzielt, die Juden
erneut zu diskriminiereen, also von bestimmten Berufen
auszuschließen, sie aus öffent-lichen Ämtern
fernzuhalten und beson-deren finanziellen Belastungen zu
unter-werfen, all dies mit dem Ziel, ihre Zahl zu vermindern. Im
Jahre 1828 lebten in Esens
117 Juden. Sie waren als Händler und Schlachter tätig,
aber es gab auch einen jüdischen
Glaser, eine Lohgerber, einen Lichterzieher und einen
Lederfa-brikanten. |
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