Dr. Klaus Dede
1. Juni 1935 - 5. Mai 2018

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1900 Bremerhaven/Geestemünde/Lehe: Bre-merhaven hat 20.329, Geestemünde 20.116 und lehe 24.301 Einwohner. Im Handelshafen von Geestemünde kommen 584 Seeschiffe an (Fischereifahrzeuge sind nicht mitgezählt)
1900, 12. 6. Berlin: Zweites Flottengesetz. Kaiser Wilhelm II. beginnt mit dem Bau einer Schlachtflotte. Das Programm wird durch weitere Gesetze in den Jahren 1906, 1908 und 1912 so erweitert, dass zum Schluss eine Flotte, bestehend aus vier Linienschiffsgeschwadern und zwei Aufklärungs-Divisionen plus zahlreichen Kreuzern für den Auslandseinsatz ent-stehen soll. Die Aufrüstung wird in Menschen als existenzielle Bedrohung aufgefasst (und ist sicherlich auch so gemeint gewesen), was zunächst zu einem heftigen Wettrüsten und dann zum Weltkrieg führte. Konsequenterweise versank mit der Flotte das Kaiserreich. Dies alles sollte die Geschichte Wil-helmshavens bis 1945 prägen.
1900, 25. 6. Bremen: Gründung des Vereins "Lüder von Bentheim". Er will sich der Pflege des bremischen Baustils widmen.
1900, 3. 6. Bremen: Im Kreuzgang und im Refek-torium des ehemaligen Katharinen-klosters wird die Sammlung bremischer Altertümer des Stadtsyndikus Johann Focke ausgestellt. Sie bildet den Grund-stock des heutigen Focke-Museums, das am 18. November 1905 im Haus des Künstervereins untergebracht wird, aber 1913 in das ehemalige Altersheim an der Gotenstraße umzieht. 1928 wird das Musum mit dem Gewerbemuseum vereinigt. Im Zweiten Weltkrieg wird das Gebäude durch Bomben zerstört. Die Bestände waren aber weitgehend ausge-lagert. Das neue Focke-Museum ent-stand dann im Haus Riensberg, das von 1952 bis 1954 umgebaut und seither mehrfach erweitert wurde. (1955 Scheune und Backhaus; 1959-64 neues Hauptgebäude, 1975 Scheune von 1803 aus Tarmstedt. 1995-98 grundlegende Renovierung. Neueröffnung am 28. Mai 1998. Am 1. Dezember 2002 Einweihung des neuen Magazins)
1900, 6. 7. Bremen: Gründung des Goethebundes in Bremen. "Der Goethebund wandte sich gegen kirchlichen Dogmatismus und trat für Lehrfreiheit an den Universitäten und für eine Strafrechtsreform ein. Im allgemeinen vertrat man liberale Grundsätze." (Schwarzwälder: Bremen-Lexikon, 2003, Bd. 1, S. 321) Der Goethebund hatte 1925 6390 Einzelmitglieder. Außerdem hatten sich ihm 15 Vereine angeschlossen. Der Verein besteht bis heute.
1900, 23. 7. Bremen. Im Gaswerk streiken die Arbeiter. Dauer und Ergebnis sind nicht bekannt.
1900, 10. 8. Bremen. Auf der AG Weser läuft der Kleine Kreuzer "Ariadne" vom Stapel. Das Schiff trat erst am 1. Oktober 1902 zur Flotte, weil während der Probe-fahrten Rohre geplatzt waren. Es sank am 28. August 1914 vor Helgoland im Gefecht mit englischen Schlachtkreu-zern.
1900, 4. 10. Bremen: Die Kleinbahn Bremen-Tarmstedt geht in Betrieb. "Jan Reiners", so der inoffizielle Name, ist ein wichtiger Zubringer nach Bremen und dient außerdem dem Ausflugs-verkehr, ist aber zugleich ein Verkehrs-hindernis, weil die Bahn, besonders im Bereich der Hemmstraße in Bremen, auf der Straße fährt und hier beispielsweise die Strecke der Straßenbahnen kreuzt. Überdies nehmen die Busse ihr die Fahrgäste weg. Am 22. Mai 1954 fuhr deshalb der letzte Zug zwischen Bremen und Falkenberg und am 29. September 1956 wurde die restliche Strecke still-gelegt. An der Hemmstraße erinnert ein Denkmal an "Jan Reiners".
1900, 14. 10. Bremen. Einweihung der evangelischen St. Michaeliskirche. Der Bau wurde am 16. Dezember 1943 durch Bomben schwer beschädigt und in der Nacht vom 18. auf den 19. August 1944 vollends zerstört.
1900, 14. 11. Bremen. Der in Paris lebende Bankier Johann Harjes aus Bremen schenkt der Stadt zwei Ritter-Figuren, die er auf der Weltausstellung erworben hatte. Sie werden am 13. September 1904 vor dem Rathaus aufgestellt.
1900, 5. 12. Bremen. Auf der AG Weser läuft der Kleine Kreuzer "Medusa" vom Stapel. Nach den Probefahrten trat das Schiff zunächst zur Materialreserve der Flotte und werde erst am 1. April 1903 in die Flotte eingereiht. Die "Medusa" wurde erst am 6. November 1929 aus der Liste der Kriegsschife gestrichen, dann aber als Wohnschiff weiter benutzt. 1940 baute die Rickmerswerft in Bremerhaven den Kreuzer zur schwimmenden Flak-batterie um, die im Jadebusen stationiert wurde. Am 19. April 1944 erlitt das Schiff schwere Beschädigungen. Danach offiziell außer Dienst gestellt, wurde die "Medusa" von 1948 bis 1950 abge-brochen.
1900 Bremen: Der Senat stationiert in der Außenweser das "Bremen-Feuer-schiff". Es wird erst 1966 eingezogen und durch das Leuchtfeuer "Tegeler Plate" ersetzt.
1900 Bremen. In der Freien Hansestadt wird ein "Arbeitersekretariat" eingerichtet, ds die Interessen der Proleten in Fragen des Arbeitsrechts wahrnimmt.
1900 Horn. "Jan-Reiners" hält in Horn.
1900 Bremerhaven: Kleiner Glockenturm auf der Landzunge zwischen der ehemaligen Kleinen und Großen Kaiserschleuse. Er trägt eine Glocke, die noch heute bei Nebel geläutet wird.
1900 Bremerhaven: Seemannsamt an der Schifferstraße.
1900 Bremerhaven: Bau der Rollbrücke zwi-schen Neuem Hafen und Kaiserhafen. Sie bleibt bis 1944 in Betrieb.
1900, 27. 7. Bremerhaven: Kaiser Wilhelm II. verab-schiedet deutsche Soldaten, die nach China verschifft werden, um dort den Boxer-Aufstand niederzuwerfen. Bei dieser Gelegenheit hält der Monarch seine "Hunnenrede", die der Heraus-geber der Nordwestdeutschen Zeitung, Josef Ditzen, mitstenografiert und dann veröffentlicht. Die Rede war eine der zahllosen Taktlosigkeiten des letzten Deutschen Kaisers, der nicht zuletzt durch solche Entgleisungen seine Auto-rität und damit die der Hohenzollern-Monarchie untergrub. Sie blieb beson-ders in Menschen im Gedächtnis und diente als Folie für die Propaganda der Alliierten im Ersten Weltkrieg, als die deutschen Soldaten auf Grund ihrer Kriegsverbrechen in Belgien und Nordfrankreich unter Hinweis auf die brutalen Phantasien des Kaisers in dieser schlimmen Rede ganz allgemein als "Hunnen" bezeichnet wurden.
1900 Bremerhaven. Bau des Seemannsamtes an der Schifferstraße.
1900, 30. 6./1.7. Bremerhaven/New York: Auf den höl-zernen Pieranlagen des Norddeutschen Lloyds in Hoboken entzünden sich Baumwollballen. Das Feuer breitet sich rasend schnell aus und erfasst auch die Lloyddampfer "Kaiser Wilhelm der Große", "Bremen", "Main" und "Saale". Besonders schlimm traf es die "Saale", die abfahrbereit am Pier lag, aber zusätzlich zur Mannschaft noch zahlreiche Handwerker an Bord hatte. Trotz der Bemühungen, die Menschen zu retten, starben bei dem Unglück 101 Personen. Die "Saale" brannte aus und wurde vom Norddeutschen Lloyd als Wrack verkauft, aber wieder aufgebaut und fuhr dann unter verschiedenen Namen bis 1924 weiter. Erst dann wurde sie endgültig abgebrochen.
1900 Geestemünde. Unter Island strandet der Fischdampfer "Friedrich". Ob die Besatzung ganz oder zum Teil gerettet werden konnte, ist nicht bekannt. Außerdem sank am 10. Februar 1900 in der Nordsee der Fischdampfer Amalie, ebenfalls aus Geestemünde. Die Besatzung ertrank.
1900, 6. 1. Geestemünde: Bei Seebeck treten die Former und Gießer in einen Streik. Über die Dauer und das Ergebnis ist nichts bekannt.
1900, 14. 12. Geestemünde. Erneuter Streik bei Seebeck. Die Maschinenbauer, Schlos-ser, Dreher und Kupferschmiede treten in den Ausstand, um die Einführung der Akkordarbeit abzuwehren. Außerdem lehnen sie die Verkürzung der Mittags-pause ab. Der Arbeitskampf dauert bis zum 11. Februar 1901 und endet mit einem Misserfolg. Organisiert wurde der Streik vom Metallarbeiter-Verband, dem Holzarbeiter-Verband und anderen Ge-werkschaften.
1900 Lehe: Speckenbütteler Park gegründet.
1900, 27. 9. Nordenham: Die erste Gasanstalt der Stadt wird in Betrieb genmmen.
1900 Nordenham: Aufstellung eines Bronze-denkmals für den Stadtgründer Wilhelm Müller ("Onkel Wilhelm"). Er war am 27. Mai 1899 gestorben und hatte sein Vermögen als Stiftung der Gemeinde Atens vermacht. Standort des Denkmals war zunächst der Garten seines Hauses, der nunmehr als "Bürgerpark" genutzt werden sollte.
1900, 1. 8. Brake: Der Bahnhof wird in Betrieb genommen.
1900 Wilhelmshaven: Der Bau der Dritten Einfahrt beginnt. Die Doppelschleuse wird am 1. Oktober 1909 fertig. Am 15. Oktober 1909 laufen die Linienschiffe "Nassau" und "Westfalen" als erste durch die Schleuse in das Hafenbecken ein. Die Festung verfügt nun über den Großen Hafen, den Zwischenhafen und den Westhafen, heute "Banter See"..
um 1900 Lemwerder: Gründung des Schiffab-wrackunternehmens Neugebauer und Co. Die Firma bestand bis 1936.
1900-1926 Wilhelmshaven: Jadekorrektion, beson-ders in der Außenjade. Die Arbeiten wurden während des Ersten Weltkrieges und unmittelbar danach eingestellt.
1900, 20. 12. Bant: Einweihung der neuen Kirche in Anwesenheit des Großherzogs Friedrich August, der bei dieser Gelegenheit, wie üblich, die Altarbibel stiftete. Außerdem nimmt der Admiral v. Tirpitz an der Zeremonie teil. Die Grundsteinlegung erfolgte am 7. Juni 1899 in Anwesenheit des Großherzogs Nikolaus Friedrich Peter. Vermutlich war das einer seiner letzten öffentlichen Auftritte. Die Bauarbeiten verliefen übrigens recht dramatisch. Zunächst musste sich Pastor Harms in Oldenburg vor Gericht verant-worten, weil er zur Finanzierung der Kirche eine Lotterie nach dem Schnee-ballsystem organisiert hatte, was ver-boten war (und ist). Dennoch erfolgte ein Freispruch, weil die Sache einem guten Zweck gedient hatte und vermut-lich auch, weil die Richter die Naivität der damaligen Pastoren in Finanzsachen richtig würdigten. Darüber hinaus gab es beim Bau einen Streik, der durch eine Streikbrecher-Kolonne gebrochen wur-de, was den Einsatz der Polzei nötig machte. Alle dies verzögerte aber die rechtzeitige Fertistellung der Kirche nicht. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Bau schwer beschädigt, bildet aber heute wieder in altem Glanz den Mittelpunkt der Gemeinde Bant. In der Bauernschaft Belfort, die die neuen Wohnungen für die Arbeiterschaft der Stadt Wilhelmshaven aufgenommen hat-te, fanden seit September 1883 regel-mäßig Gottesdienste in der Schule statt. Am 11. Mai 1885 genehmigte der Groß-herzog als "summus episcopus" der oldenburgischen Kirche die Errichtung der Kirchengemeinde Bant. Sie wurde dann 1886 gegründet. Ihr erster Gottes-dienst fand in einer Schulklasse statt. Zu dem Ereignis war der ganze Oberkir-chenrat aus Oldenburg erschienen. Am 2. Dezember 1888 wurde die Friedhofs-kapelle geweiht, in der zunächst auch der Gemeindegottesdienst stattfand. Im Jahre 1900 war waren Thron und Altar noch fest miteinander verbunden, wes-wegen man in den Grundstein einen Metallkasten einließ mit der Rede Bis-marcks vom 6. Februar 1888 ("Wir Deutsche fürchten Gott und sonst nichts in der Welt ...") und mit den Pro-klamationen der Kaiser Friedrich III. und Wilhelms II, die sie erlassen hatten, als sie die Regierung antraten.
1900 Jever: Vor dem Schloss wird das Denkmal für "Fräulein Maria von Jever" errichtet. Die Statue wurde von Harro Magnussen in Berlin geschaffen. Fräulein Maria von Jever ist in der Tat eine der erstaunlichsten Frauengestalten der Feudalzeit, und zwar, wie andernorts schon gesagt, schon allein deshalb, weil sie als Frau sich in einer von Männern dominierten Welt zu behaupten wusste. Für die Jeverländer - und hier meine ich besonders für die Männer von "Besitz und Bildung", wie man damals sagte - war sie überdies das Symbol, dessen man sich bediente, um die Eigenständigkeit des Jeverlandes ge-genüber den oldenburger Großherzögen zu behaupten. Das Jeverland ist eines der wenigen Gebiete, deren kollektives Selbstbewusstsein über die Anhänglich-keit zu einer Dynastie definiert wird, die seit 350 Jahren erloschen ist. Zum Vergleich: Dass es einmal so etwas wie ein "Großherzogtum Oldenburg" gege-ben hat, wissen heute noch einige Spe-zialisten, aber im kollektiven Gedächtnis der Menschen zwischen Langwarden und Damme spielt das Faktum keine Rolle mehr. Aber die Jeverländer definiren sich durchaus als eine Gemeinschaft, die durch die Erinnerung an die ehemalige Herschaft, besonders an Fräulein Maria, geprägt wird, zumal diese durch das Schloss stets vergegenwärtigt wird.
1900, 18. 9. Wittmund: Die Ortsfernsprechanlage wird eröffnet, nachdem sich die ersten fünf Teilnehmer angemeldet habem.