Dr. Klaus Dede
1. Juni 1935 - 5. Mai 2018

-1905-1906-

1905, 21. 3. Bremen: Auf der AG Weser läuft der Kleine Kreuzer "Leipzig" vom Stapel. Das Schiff trat am 20. April 1906 zur Flotte. Im Ersten Weltkrieg gehörte es zu dem Geschwader, das am 8. Dezem-ber 1914 von britischen Schiffen vor den Falkland-Inseln versenkt wurde. Dabei starben 315 Mann der Besatzung, 18 Matrosen wurden gerettet.
1905, 22. 3. Bremen: In Anwesenheit Wilhelms II. wird auf dem Platz an der Hermann-Böse-Straße das Reiterstandbild ent-hüllt, das an Kaiser Friedrich III. erin-nert. Es ist ein Geschenk des Kaufmanns Franz E. Schütte an die Stadt. Das Werk hat sich bis heute erhalten. (Kaiser Friedrich III. regierte nur 99 Tage, konnte sich also nicht mit einer eigenen Politik in die Annalen der Geschichte eintragen. Er war mit einer Tochter der englischen Königin Victoria verheiratet, was ihn, angesichts des aufkeimenden deutsch-englischen Gegensatzes, in den Augen der Völkischen verdächtig, in denen der Liberalen hingegen zum Hof-fnungsträger machte. Welcher der bei-den Fraktionen Friedrich III., wenn er denn länger gelebt hätte, gefolgt wäre, ist unsicher. Bismarck meinte jedenfalls, dass sich in dem ewigen Kronprinzen letztlich doch der Hohenzoller durchge-setzt hätte, will sagen, dass er der Demokratisierung des Reiches und Preußens entgegengetreten wäre. Wie auch immer: Friedrich III. wurde zum Symbol der enttäuschten Hoffnungen des deutschen Bürgertums auf eine fried-che Weiterentwicklung der Reichsver-asung, etwa nach englischen Vorbild, aber das wusste dann ja Kaiser Wilhelm II. zu verhindern mit den Folgen, die wir kennen.
1905, 17. 4. Bremen. Gründung eines örtlichen Ver-eins der Gesellschaft für soziale Reform. Der Verein war 1901 in Berlin von Sozi-alpolitikern gegründet worden, die nicht der SPD angehörten und ihr auch nicht nahestanden. Er forderte, dass der Staat für die Lohnarbeiter eintreten solle, "insbesondere durch Erweiterung des gesetzlichen Arbeiterschutzes, Ausbil-dung des Koalitionsrechtes, Unterstüt-zung der Selbsthilfe der Arbeiter und Ausbau der sozialen Gesetzgebung überhaupt.
1905, 20. 4. Bremen. Die AG Weser kündigt 3000 Arbeitern, weil diese mehr Lohn fordern, mit einer Frist von sieben Tagen. Die Aussperrung tritt am 27. April 1905 in Kraft. Am 6. Mai 1905 wird ein Kompromiss erzielt, so dass am 8. Mai 1905 die Arbeit wieder aufgenommen wird.
1905, 23. 5. Bremen. Die Taufen des Dompredigers Mauritz werden für ungültig erklärt, weil der Pfarrer sich nicht der trinitarischen Formel ("Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes ...") bedient hat. Gegen die Entscheidung des Senats protestieren am 30. Mai 1905 die Eltern der Kinder, die ohne trinitarische Formel getauft wurden. Am 31. Mai 1905 schaltet sich die Bürgerschaft ein und bittet um Auskunft über den Konflikt, die am 20. Juni 1905 erteilt wird. Am 28. Juni 1905 nimmt die Bürgerschaft zu dem Konflikt wie folgt Stellung: Die Bürgerschaft "erkennt an, dass bei der gegenwärtigen Rechtslage der evangelischen Landeskirchen Deut-schlands der Gebrauch der sog. trini-tarischen Formel bei der Taufe uner-lässlich ist. Sie bedauert aber, dass in der heutigen aufgeklärten Zeit die Aufnahme in die christliche Kirche noch an das Aussprechen dieser Formel ge-knüpft sein soll, über deren Bedeutung selbst unter Theologen völlig wider-sprechende Ansichten herrschen und die dem religiösen empfinden weiter Kreise unsrer evangelischen Bevölkerung nicht mehr entspricht. Die Bürgerschaft er-sucht den Senat, bei den deutschen Kir-chenregierungen dahin zu wirken, dass neben der so. trinitarischen Formel an-dere Formeln als rechtswirksam zuge-lassen werden, welche die Bedeutung der Taufhandlung angemessen zum Aus-druck bringen und jenem freieren reli-giösen Empfinden Rechnung tra-gen."(Wania: 30 Jahre Bremen, 1906, S. 279)
1905, 23. 5. Bremen. Neuer Tarifvertrag im Bauge-werbe, wodurch ein Streik verhindert wurde.
1905, 23. 5. Bremen. Frauen fordern das Stimmrecht in der bremischen Kirche.
1905, 27. 5. Bremen. Streik der Kesselschmiede auf den Werften von Joh. C. Tecklenborg und Seebeck. Daraus entwickelt sich eine Streikbewegug, die am 20. Juni 1905 dazu führt, dass die Tecklenburg-Werft und Seebeck 3000 Arbeiter aus-sperren. Am 24. Juni 1905 folgt die Rickmers-Werft. In diesem Falle sind 800 Arbeiter ausgesperrt. Der Bremer Vulkan sperrt seine Arbeiter am 29. Juni 1905 aus und die Norddeutsche Maschi-nen- und Armaturen-Fabrik des Nord-deutschen Lloyds folgt, indem sie am 1. Juli 1905 ihren Arbeitern zum 7. Juli 1905 kündigt. Der Arbeitskampf endet am 13. Juli 1905.
1905, 29. 5. Bremen. Streik der Schneidergesellen.
1905, 29. 5. Bremen. In der Rembertikirche gibt es Streit um die dortige Abendmahlsfeier.
1905, 26. 6. Bremen. Der Umzug der AG Weser nach Gröpelingen ist abgeschlossen.
1905, 1. 7. Bremen. Die Norddeutsche Maschinen- und Armaturen-Fabrik des Norddeut-schen Lloyds und die AG Weser sperren die Arbeiter aus. Die Maßnahme wird am 6. Juli wirksam. Der Arbeitskampf endet am 13. Juli 1905.
1905, 5. 7. Bremen. Die Bürgerschaft ersucht den Senat, er möge die Schuldeputation be-auftragen, dass diese bald über die Frage berichtet, wie der derzeitige Reli-gionsunterricht in den Schulen ersetzt werden könne. Die Bürgerschaft spricht sich zum einen für einen religionsge-schichtlichen Unterricht und zum andern für einen "Sittenunterricht"aus, "der die für die sittliche Erziehung geeignet-sten edelsten Erzeugnisse der gesamten Weltlitertaur, also auch die hohen sitt-lichen Schätze der beiden Testament, berücksichtigt, soweit dieselben für un-er modernes Kulturleben in Betracht kommen."(Wanja: 30 Jahre Bremen, 1906, S. 279) Die "Konferenz bremi-cher Volksschullehrer" spricht sich am 9. September 1905 mit 84 gegen 13 Stimmen gegen diesen Vorschlag aus, der Verein Bremerhavener Lehrer ist am 16. September 1905 dafür. Damit wird eine Debatte darüber angestoßen, ob die religiöse, im diesem Fall evangelische, Indokrination im Schulunterricht ihren Platz haben sollte, die bis heute andau-ert.
1905, 25. 8. Bremen. Im Meiereigarten des Bürger-parks wird die Figuren-Gruppe "Ge-schwister"von Max Dennert aufgestellt. Sie ist ein Geschenk des Kaufmanns Franz Schütte.
1905, 17. 10. Bremen. Im Freihafen endet der Streik der Gelegenheitsarbeiter mit einem Ver-gleich. Er dauerte neun Wochen.
1905, 31. 12. Bremen. Die Restaurierung der St. Martini-Kirche ist abgeschlossen. Das Gebäude wird erneut eingeweiht.
1905 Bremen. Seit 1832 sind über die bre-mischen Häfen in Bremen und vor allem Bremerhaven 4.040.401 Menschen nach Übersee, die meisten in die USA, ausgewandert. Die massenhafte Emigra-tion aus Deutschland begann 1826. Das erste Ziel war Brasilien. Seit 1830 emi-grieren die Menschen in die USA. Der bremische Senat erließ am 1. Oktober 1832 eine erste Verordnung, die den Strom regelt.
1905 Bremen: Die AG Weser richtet eine Fähre ein, um morgens und abends Ar-beiter über die Weser zu bringen. Eine Übersetzmöglichkeit bestand hier seit langem, nun aber gab es einen regel-mäßigen Verkehr von der Duntzstraße zum Freihafen II. Der Fährbetrieb wurde 1981 eingestellt.
1905 Bremen: Eröffnung des Botanischen Gartens am Osterdeich. Das Gelände von 4,238 ha schenkte der Kaufmann Franz Schütte der Stadt. Der Garten wurde 1937 zum Rhododendronpark in der Vahr verlegt. Von 1972 bis 1974 wurden hier zusätzlich drei Gewächshäuser gebaut. Am 20./21. April 2002 machte man eine Erweiterung um 10 Hektar der Öffentlichkeit zugänglich.
1905 Bremen: Gründung der Roland-Linie. Sie führt im wesentlichen Salpeter aus Chile ein. Sie ging 1926 in dem Norddeutschen Lloyd auf.
1905, 31. 7. Bremen: Die Freie Hansestadt Bremen und das Königreich Preußen tauschen etwa 600 Hektar Land aus: Bremen tritt eine Fläche an der Wümme ab und erhält dafür eine Fläche, die notwendig ist, um die Häfen in Bremerhaven zu erweitern. Das geschieht in den Jahren 1906-1909, in denen die Kaiserhäfen II und III gebaut werden. 1908-1913 entsteht hier zusätzlich das Kaiserdock II, das mit 274 Metern Länge die damals größte Anlage dieser Art der Welt wurde. 1914 begann der Bau des Verbindungshafen, der zum Nordhafen und zur Nordschleuse führen sollte. Die Vorhaben wurden durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges unter-brochen.
1905-1907 Bremen: Bremer Rennverein legt in der Vahr einen Rennplatz an.
1905 Bremen: In Walle entsteht der größte Wasserturm Europas. Er ist 61 Meter hoch. Der Wasserturm wurde im Krieg schwer beschädigt und nach der Befrei-ung abgerissen.
1905, 29. 6. Vegesack: Der Bremer Vulkan sperrt die Arbeiter aus. der Arbeitskampf endet am 13. Juli 1905.
1905 Rönnebeck-Farge: Die reformierte Ge-meinde bezieht ihre Kirche.
1905 Bremerhaven: Gründung der Schiffs-werft "Delphin" GmbH. Das Unterneh-men firmierte seit 1910 als "Schiffbau-Gesellschaft Unterweser GmbH". Es wurde 1921 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und fusionierte 1972 mit der "Schichau-Werft" aus Danzig zur Schichau Unterweser AG (SUAG). 1984/85 wird das Unternehmen von dem Werftenverbund Bremer Vulkan über-nommen und geht dann mit diesem un-ter.
1905, 11. 10. Bremerhaven. Streik in der Karlsburg-Brauerei. Die Böttcher bleiben bis zum 31. Oktober 1905, also drei Wochen im Ausstand. Der Streik, an dem sich nur 40 der insgesamt 80 Böttcher beteiligten, scheitert.
1905, 10. 6. Bremerhaven/Geestemünde/Lehe: 500 Maurer und Zimmerer treten in den Ausstand, um eine Lohnerhöhug und eine Verkürzung der Arbeitszeit durchzuset-zen. Der Ausstand dauert bis zum 16. Juni, also sechs Tage und endet damit dass eine Lohnerhöhung durchgesetzt wird.
1905, 4. 9. Bremerhaven/Geestemünde/Lehe: Etwa 300 Bautischler und Zimmerer bestrei-ken die Baunternehmungen in den Un-terweser-Orten. Sie fordern zum einen mehr Lohn, zum andern die Anerkennung des gewerkschaftlichen Arbeitsnachwei-ses. Am 9. September reagieren die Un-ternemer mit Ausperrungen. Der Streik endet am 23. September, also nach 18 Tagen, damit, dass eine Lohnerhöhug vereinbart wird.
1905, 17. 6. Geestemünde: Auf Tecklenburg-Werft treten zunächst nur die Kesselschmiede in den Streik. Es geht um unklare Akkord- und Zeitlöhne. Vom 25. Juli 1905 an streiken 3500 von insgesamt 5000 Arbeitern der Werften Tecklen-borg, Seebeck und Rickmers. Die Unternehmer reagieren mit Aussper-rungen. Nach sieben Wochen einigt man sich auf einen Kompromiss.
1905 Geestemünde. Im Fischereihafen wird der erste Fisch aus der Barentssee angelandet.
1905, 19. 3. Lehe: Einweihung der ev. luth. Paulus-Kirche. (21. August 1902 Grundstein-legung)
1905 Blexen: Bau der Ziegelei Blexen. Sie wurde am 18. September 1944 durch einen Bombentreffer zerstört.
1905, 1. 5. Blexen: Der oldenburgische Staat ver-kauft der Firma Frerichs AG in Osterholz-Scharmbeck den Groden vor Einswarden, die auf dem 16 Hektar großen Gelände eine Werft bauen will. Obwohl das Unternehmen im Laufe der folgenden dreißig Jahre 500 Schiffe baute, arbeitete es praktisch - mit Ausnahme der Jahre des Ersten Welt-kriegs - nie mit Gewinn. Die Frerichs-werft wurde 1928 in die Deschimag eingegliedert, die die Firma 1935 auf-gab. Für Blexen bedeutete das Geschäft, dass die Gemeinde nunmehr ihren bis-herigen ländlichen Charakter verlor. Außerdem entstand notwendigerweise mit der neuen Werft eine Arbeiter-siedlung in der bisherigen Bauerschaft Einswarden, die einen städtischen Cha-rakter annahm, ein Prozess, der von dem Blexer Gemeinderat, in dem natürlich die Bauern das Sagen hatten, in keiner Weise gestaltet wurde - ein Versäum-nis, das vermutlich den Untergang der Gemeinde zur Folge hatte.
1905, 21. 4. Nordenham: Ein Großfeuer vernichtet alle Hallen der "Nordsee" am Fisch-ereihafen.
1905, 13. 1. Nordenham: Die Freiwillige Feuerwehr wird gegründet. In Atens war bereits eine erste Feuerwehr im Jahre 1885 entstanden. Sie hatte damals 54 Mitglie-der und besaß eine Spritze, die 1.370 Mark gekostet hatte. Aus den Annalen der Truppe:
  • Brand einer Lagerhalle der Mid-gard im Jahre 1948;
  • Brand einer Werkshalle bei "Vre-deborch" 1961
  • Gründung der Jugendfeuerwehr 1964;
  • Großbrand bei den Kabelwerken 1968;
  • Serie von Kneipenbränden (Disko-thek an der Vinnenstraße, Europa-Café, Bräustube, Strandhalle 1970
Außerdem blieben den Feuerwehr-männern die Einsätze nach den großen Bombenangriffen auf Bremen lange Zeit im Gedächtnis. Hinzu kamen die Lösch- und Aufräumungsarbeiten in Nordenham selbst nach den Bombenangriffen im Jahre 1944.
1905, 8. 5. Nordenham: Die Höhere Bürgerschule wird eröffnet. 1909 erfolgt die Umwand-lung in eine Realschule, die dann im Jahre 1920 zur Oberrealschule wird. Im Jahre 1923 verlassen die ersten Abitu-rienten die Schule.
1905, 10. 4. Nordenham: Die Eisenbahnverbindung zwischen Nordenham und Blexen wird eröffnet. Auf der Strecke befanden sich nicht weniger als vier Bahnhöfe und Haltepunkte, nämlich
  • Kabelstraße,
  • Friedrich-August-Hütte,
  • Werftstraße, und
  • Einswarden.
1905, 10. 11. Nordenham: Gründung der "Midgard" in Berlin. Am 16. Dezember 1905 ver-kauft die oldenburgische Staatsregierung den Hafen in Nordenham an das Unter-nehmen. Nordenham kann sich seither rühmen, den größten kommerziellen Privathafen der Welt zu beherbergen. Die "Midgard" entwickelt sich in den folgenden Jahren nach Bremen und Bremerhaven zum drittgrößten Hafen an der Unterweser. 1908 bezieht die Midgard ihr Verwaltungsgebäude an der Hafenstraße.
1905, 23. 11. Nordenham: Das Amtskrankenhaus an der Schulstraße wird eröffnet.
1905 - 1907 Atens: Die Friedeburg, die letzte Woh-nung des Stadtgründers Wilhelm Müller, wird zum Ausflugslokal umgebaut. Hier fanden in den folgenden Jahrzehnten die wichtigsten Feste und Veranstaltungen Gemeinde statt. Die alte Friedeburg wurde 1957 abgerissen und durch einen Neubau (1957/1958) ersetzt.
1905 Brake. Gründung der "Braker Herings-fischerei AG". Die Reederei betrieb den Heringsfang mit Loggern. 1925 letzte Fangsaison. Konkurs.
1905 Elsfleth: Heringsfischerei Aktiengesell-schaft "Weser" gegründet. Die Firma war von einem niederländischen Reeder gegründet worden, der sich so einen besseren Zugang zum deutschen Markt erhoffte. 1912 letzte Fangsaison.
1905 Varel. Der Vareler Zeitungsverleger Ro-bert Allmers beginnt, gemeinsam mit dem Ingenieur August Sporkhorst, auf dem Gelände der Druckerei, die Allmers gehörte, mit dem Bau von Automobilen. Das Unternehmen beschäftigte zunächst fünf Arbeiter, hatte aber bereits einen Namen, der Geschichte machen sollte: "Hansa-Automobil-Gesellschaft". Und so hieß denn auch das Auto, das im Jahre 1906 den Firmengründern den Durchbruch bringen sollte: "Hansa". Im Jahre 1907 kaufte das Hansa-Werk das Anwesen der "Aktiengesellschaft für Maschinenbau- und Eisenindustrie in Varel". Nun verfügte man über eine Fläche von 20.000 Quadratmetern, über geräumige Hallen und über eine Versuchsstrecke. Das Unternehmen be-saß ein eigenes Kraftwerk, eine Gießerei für Aluminium und Messing sowie ein Hammer- und Walzwerk, kurzum: Für einen Augenblick sah es so aus, als ob Varel zum Detroit Deutsch-lands werde könnte, denn die Firma expandierte rasch: Im Jahre 1912 beschäftigte sie 700 Arbeitern und schüttete den Teilhabern eine Dividende von zehn Prozent aus. Im Jahre 1913 wurde das Unternehmen in eine Aktien-gesellschaft umgewandelt, die ein Grundkapital von 4,4 Millionen Mark hatte, von denen 2,6 Millionen auf die Gesellschafter der alten GmbH entfielen. Damit war aber eine Grenze erreicht: das Unternehmen stand vor der Wahl, entweder Arbeitskräfte zu importieren und in Varel anzusiedeln, oder den Standort in einen Ort zu verlegen, der besser an die Märkte angebunden war. Man wählte die letztere Lösung und zog nach Bremen um. Für die gesellschaft-liche Akzeptanz der Automobile aus Varel war es wichtig, dass Großherzog Friedrich August von Oldenburg nicht nur Fahrzeuge der Firma für seinen persönlichen Bedarf erwarb, sondern dem Werk den Titel eines "Hofliefe-ranten" verlieh. Persönlich stattete Friedrich August, der, im Gegensatz zu seinem Vater, der Industrie sehr freund-lich gegenüber stand und sie nach Kräften förderte, dem Hansa-Werk am 18. Juni 1912 einen Besuch ab. Das Unternehmen hatte inzwischen ein Vertriebsnetz aufgebaut, das bis in das Ausland reichte. In Varel selbst fiel All-mers dadurch auf, dass er für seine Arbeiter eine "Gartenstadt", wie man damals sagte, baute, deren Häuser für damalige Verhältnisse großzügig dimen-sioniert waren.
1905-1907 Wilhelmshaven: Bau des Großen Hafens, des Zwischenhafens und des Westha-fens.
1905, 1. 4. Wilhelmshaven: Einweihung des Bis-marck-Denkmals auf dem Marktplatz. Es stammt von Georg Meyer. Im Zweiten Weltkrieg wurde es eingeschmolzen.
1905 Wilhelmshaven. Gründung des St. Wille-had-Krankenhauses. Seit 1898 waren in Wihelmshaven drei Franziskanerinnen als Krankenschwestern in der ambu-lanten Pflege tätig. Das Hospital hatte bei der Eröffnung 99 Betten und wurde 1929 auf 145 Betten erweitert. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Haus durch Bomben schwer beschädigt, aber nach 1948 wieder aufgebaut.
1905 Neuende: Bau der Villa "Alinenhof"
1905 Wangerooge: Das Dorf erhält einen völlig neuen Bahnhof, der sogar eine Bahnsteigüberdachung für zwei Gleise bekommt (Sie wurden im Zweiten Welt-krieg zerstört). Die alten Bahnhofs-anlagen an der Zedeliusstraße wurden abgerissen.
1905 Esens: Die Stadt erhält Gasbeleuchtung

-1906-

1906-1927 Bremen. Die Weser wird auf sieben Meter Tiefe gebracht. (im Zuge dieser Maßnahme entstehen an mehreren Stellen, so auf Harriersand gunnert Brake und in Nordenham Sandstrände. Der entsprechende Vertrag zwischen Preußen und der Freien Hansestadt Bremen wird im Jahre 1906 geschlossen, aber dann sträubt sich das Großherzogtum Oldenburg. Die Arbeiten begannen deshalb erst 1913, wurden aber durch den Ersten Weltkrieg lange Zeit durchbrochen und wurden erst nach der Inflation im Jahre 1924 wieder aufgenommen.
1906 Bremen: Bau des Rathauses in Heme-lingen.
1906/07 Bremen. Bau der Misslerhallen. Fried-rich Missler organisierte die Auswan-derung von der Hansestadt aus und benötigte den Raum, um die vielen Pas-sagiere unterzubringen, während sie auf die Abfahrt ihres Dampfers warteten. Mit dem Beginn des Ersten Weltkrieges standen die Gebäude leer und wurden dann 1933 von der bremischen SA als Konzentrationslager genutzt.
1906, 4. 3. Bremen. Der Kaufmann Franz Schütte schenkt dem Kunstverein eine weibliche Marmor-Figur von Artur Volkmann, Rom.
1906, 17. 4. Bremen. Einweihung des neuen Gymna-siums an der Parkallee. An der Schule fand 1988 das letzte Abitur statt. Sie wurde am 30. 7. 1990 aufgelöst. Seither Sitz verschiedener Behörden und Einrichtugen der Universität.
1906, 18. 4. Bremen. Das Realgymnasium an der Kaiser-Friedrich-Straße (heute: Her-mann-Böse-Straße) wird eingeweiht. Die Schule besteht noch.
1906, 9. 5. Bremen. Im Holzhafen brennt die Bremen-Besigheimer Ölfabrik nieder.
1906, 10. 5. Bremen. Der Senat leitet gegen vier Lehrer eine Disziplinar-Untersuchung ein. Die Päadogen werden nach einer Verhandlung, die vom 20. bis 23. März 1907 dauert, von der Disziplinarkammer zu Geldstrafen verurteilt. Es geht um den Inhalt des Religionsunterrichts, eine Frage, die faktisch alle Lehrer bewegt. Darüber hinaus ist die geistliche Schul-aufsicht das Thema des Konflikts. Der Streit zieht sich durch das ganze Jahr 1906 und wird letztlich erst durch die Revolution im Jahre 1918 entschieden.
1906, 17. 5. Bremen: Gründung der "Norddeutschen Automobil- und Motorenwerke A. G." (Namag). Ihr Zweck war zunächst der Bau elektrogetriebener Fahrzeuge, aber darüber hinaus sollten auch Kraftwagen mit Benzin-Motoren hergestellt werden. Die Gründung betrieb vor allem Heinrich Wiegand vom Norddeutschen Lloyd, der Bremen zu einem Industriestandort machen wollte und in der aufblühenden Autofabrikationen einen geeigneten He-bel sah. Die Namag kam nie so recht in die Füße. Zwar beschäftigte sie 1909 300 Arbeiter und 55 Angestellte, aber sie stellte im Jahre 1909 nur 130 Elek-tromobile, 60 Benzinwagen und 60 Schiffsmotoren her. Das war nicht viel. Dem Unternehmen, so ein später Kritiker, fehlten tüchtige Techniker, und die Folge war eine verfehlte Produkt-Politik, denn Elektrokarren deckten allenfalls eine Marktnische ab - die Zu-kunft gehört dem Benzinmotor. Als Wiegand 1914 starb, büßte das Unter-nehmen überdies die Unterstützung eines einflussreichen Förderers ein. Immerhin hatte das junge Unternehmen sich auf dem quirligen Automobilmarkt der Zeit einen so guten Namen gemacht, dass es zweimal -, am 21. März 1909 und am 13. Februar 1913 - von Prinz Heinrich von Preußen, dem Bruder des Kaisers, besucht wurde. Prinz Heinrich förderte den Automobilsport und damit auch den Automobilbau.
1906, 6. 6. Bremen. Streik der Klempner-Gesellen. Der Ausstand endet am 27. Juli und führt zu einer Lohnerhöhug.
1906, 14. 6. Bremen. Auf der AG Weser läuft der Große Kreuzer "Gneisenau" vom Sta-pel. Das Schiff trat am 6. März 1908 zur Flotte und wurde am 8. Dezember 1908 mit dem ganzen ostasiatischen Ge-schwader vor den Falklandinseln von britischen Schlachtkreuzern versenkt. Die "Gneisenau" war übrigens, wie auch ihr Schwesterschiff , die "Scharn-horst" ein gutes Beispiel dafür, dass die Flottenpolitik Kaiser Wilhelms II. nicht nur politisch verfehlt, sondern auch technisch nichts weiter als ein Bluff war, allerdings mit verheerenden Folgen, die man damals zwar absehen konnte, Kaiser Wilhelm II. aber nicht wahrhaben wollte, gegen dessen kriminelle Energie sich aber niemand durchsetzen konnte. Konkret: während die "Gneisenau" mit 21-Zentimeter-Geschützen bestückt war, verfügten die britischen Panzer-kreuzer, wie man damals sagte, bereits über eine Artillerie mit einem Kaliber von mehr 30 Zentimetern. Es ist klar, dass die deutschen Schiffe vor den Falkland-Inseln trotz der guten taktischen Führung im Gefecht durch Graf Spee (der zugleich ein jämmerlicher Stratege war und den die Admiralität in Berlin völlig im Stich gelassen hatte) elendiglich zusammen geschossen wurden. Die eigentlich Schuldigen, die auch diese Katastrophe zu verantworten hatten, waren also zunächst Großadmiral Tirpitz und dann natürlich, wieder einmal, Kaiser Wilhelm II. Dies als Beitrag zu den "Wilhelminischen Stu-dien" der oldenburgischen Landschaft und der Stadt Wilhelmshaven
1906, 17. 4. Bremen: Einweihung des Neuen Gym-nasiums an der Parkallee. 1938-1945 Carl-Peters-Schule. 1943 erlitt das Gebäude schwere Schäden durch Bombeneinschläge. Der Unterricht begann wieder am 4. Dezember 1945. Danach verschiedene Reformen. 1988 letztes Abitur. Die Schule wurde am 30. Juli 1990 aufgelöst..
1906, 6. 6. Bremen: Streik der Klempner-Gesellen. Es geht um eine Lohnerhöhung, die auch durchgesetzt wird. Der Ausstand endet am 27. Juli.
1906, 18. 4. Bremen. Einweihung des Realgymna-siums an der Kaiser Friedrich-Straße (heute Hermann-Böse-Straße). Von 1938-1945: Lettow-Vorbeck-Schule. 1945 Internierungslager der Militär-regierung. Am 21. Okotober 1946 konnte der Unterricht in dem alten Gebäude wieder aufgenommen werden. Das Gym-nasium besteht noch.
1906, 22. 9. Bremen. Großbrand im Hafen. Diesmal geht die Ölfabrik Groß_Gerau zugrunde.
1906, 1. 10. Bremen. Im Freihafen wird das Hafenbecken II eröffnet.
1906, 22. 10. Bremen. Erstes Erscheinen der "Bremer Beiträge". 1918 eingegangen.
1906, 28. 10. Bremen. "Nachtschwärmer"zerstören die Statue auf dem Brunnen am St. Jaknobus-Friedhof. Der Brunnen selbst wurde 1718 von Christoph Albrecht gebaut, aber woher die Figur stammte und wie alt sie war, ist unbekannt. Wania schreibt, sie sei über 500 Jahre alt gewesen. Eine Nachbildung schuf der Bildhauer Everding, die aber ebenfalls am 6. Oktober 1944, diesmal durch Bomben, zerstört wurde. Eine Kopie steht seit 1957 neben dem Neanderhaus.
1906, 10. 10. Bremen: Brücke über die Kleine Weser fertig.
1906, 11. 11. Bremen. In Woltmershausen wird die neue Christuskirche eingeweiht.
1906. 30. 12. Bremen. Der Bremer Courier wird mit dem Bremer Tageblatt vereinigt. Die Zeitung erschien zum ersten Mal am 1. Januar 1846
1906, 5. 12. Bremen. Erste Einäscherung im Krematorium auf dem Riensberger Friedhof. Die offizielle Einweihung erfolgte am 24. Februar 1907
1906, 26.11. Bremen. Die Sparkasse eröffnet ihr neues Gebäude am Brill/Ecke Kaiserstraße.
1906-1913 Bremen. Bau des "Neuen Rathauses", eigentlich ein Anbau an das alte. Architekt war der Bayer Gabriel von Seidel.
1906 Bremen: Das Technikum (gegründet am 6. November 1894) bezieht das neue Schulgebäude an der Kleinen Allee (Langemarckstraße). Das Gebäude brannte am 3. November 1941 nach einem Bombenangriff aus. Seit 1956 zahlreiche Erweiterungsbauten und sonstige Veränderungen.
1906, 17. 4. Bremen. Das Gymnasium am Barkhof wird von Lehrern und Schülern bezogen. Das Institut wird, nach einer wechselvollen Geschichte, am 30. Juli 1990 aufgelöst. Die Bauarbeiten begannen 1903. Das Gymnasium entstand, als die Hauptschule an der Dechanatstrasse aufgeteilt wurde. Die Handelsschulabteilung wurde zu einer Oberrealschule, die Gelehrtenschule zum Alten Gymnasium. Die Schule am Barkhof wurde ein Realgymnasium.
1906, 21. 1. Bremen. Gründung der "Kaffee-Han-dels-Aktien-Gesellschaft". Die trei-bende Kraft des Unternehmens ist der Kaufmann Ludwig Roselius, der sogleich (1906/07) eine für die damalige Verhält-nisse riesige Kaffeerösterei am Fabri-kenhafen bauen ließ. Der Durchbruch kam mit der Entwicklung des entcof-feinierten Kaffees, der unter der Marke "Kaffee Hag" vertrieben wurde. Die zweite Neuerung, die Roselius groß machte, war der Einsatz der Reklame. Von da an war es nur ein Schritt zu seiner Rolle als Mäzen der (nordischen ) Kunst. Hier stand die Böttcherstraße im Mittelpunkt seiner Aufmerksamkeit, aber das war beileibe nicht das einzige Projekt, in das Roselius seine Gewinne steckte. So übernahm der Kaufmann
  • 1911 die Zeitschrift "Die Güldenkammer",
  • 1921 gründete er den Angelsach-senverlag,
  • außerdem erwarb er die G. A. von Halem Verlags- und Exportbuch-handlung (den Friesenverlag, gab er ab ),
  • 1928 erschien die Zeitschrift "Die Böttcherstraße" und
  • 1935 ließ er das Sammelwerk "Die Deutsche Kunst" herausge-ben -
das nur eine Auswahl seiner Aktivitäten.Roselius beschränkte sich als Kaufmann keineswegs auf den Verkauf seines Kaf-fees und seines Kakaos, sondern gehör-te auch zu den frühesten Fördern der bremischen Flugzeugindustrie, insbe-sondere der Firma "Focke-Wulff". Bei all seinen Aktivitäten vergaß Roselius nie die Reklame für seine Marken "Kaffee Hag" und "Kaba - der Plantagentrank", so dass bei ihm die Förderung der Kunst und die Propaganda für seine Firma Hand in Hand gingen. Er war zweifellos, ungeachtet seiner zum Teil skurrilen historischen Ideen, durch die er zeitweilig zu einem der Sympa-thisanten der Nazis wurde, mit denen er sich aber später zerstritt, weil ihm stets wichtig war, dass die Künstler, die er beschäftigte seiner Ideologie zumindest nicht widersprachen, während er ihnen in stilistischer Hinsicht freie Hand ließ. Das sahen die Nazis, besonders Hitler selbst, bekanntlich ganz anders, und so zerbrach die Eintracht zwischen Roselius und den Nazi-Ideologen an der letztend-lich formalen Frage, welche Kunstform der völkischen Ideologie angemessen sei und welche nicht. Aber wie man auch immer die ideologischen Auffassungen des Kaufmanns Roselius bewertet, er war ganz sicher einer der bedeutend-sten, zumindest wichtigsten Kaufleute, den die Freie Hansestadt Bremen her-vorgebracht hat.
1906, 14. 6. Bremen: Stapellauf des Panzerkreuzers "Gneisenau" auf der AG Weser. Das Schiff sank am 8. Dezember 1914 in der Seeschlacht vor den Falkland-Inseln. Die "Gneisenau" gehörte zur ostasia-tischen Kreuzer-Division, die in Tsing-tau stationiert war und zuletzt von Admiral Graf Spee kommandiert wurde, unter dessen Kommando der Verband damals den Durchbruch in die Heimat versuchte, der dann vor den Falkland-Inseln scheiterte. Zum Hintergrund: Als die "Gneisenau"vom Stapel lief, war sie bereits technisch überholt, denn die britischen Schlachtkreuzer, die zur gleichen Zeit gebaut wurden, trugen Geschütze mit einem Kaliber von mehr als 30 cm. Die Flotte, die Tirpitz bauen ließ, war also nicht nur zahlenmäßig, sondern auch technisch der britischen unterlegen, mit anderen Worten: nichts weiter als ein Bluff, was sich im Ersten Weltkrieg zeigte, wo die deutsche Flotte, wenn wir einmal von dem unbedeu-tenden Gefecht bei Coronel absehen, alle Seeschlachten gegen die Briten ver-loren - auch die vor dem Skagerrak. Dass die Deutschnationalen das in ihrer Propaganda nicht wahrhaben wollten, steht auf einem anderen Blatt - aber mit der historischen Wahrheit standen sie ja seit jeher auf Kriegsfuß und das ist bis heute so geblieben.
1906, 1. 10. Bremen. Der heutige "Überseehafen" wird eingeweiht. Eine Erweiterung erfolgte 1912-1915
1906-1915 Bremen: Bau des Weserwehrs, mit dem ein Kraftwerk verbunden wird. Das Kraftwerk wird im Mai 1987 abgeschaltet und dann noch in demselben Jahr abgerissen. Versuche, die Anlage als Industrie-Denkmal zu erhalten, setzen zu spät ein und scheitern deshalb.
1906 Bremen. Julius Bamberger gründet an der Doventorstraße sein Kaufhaus, das 1925-1930 bis zur Faulenstraße erwei-tert wird. Das Haus, das im Stil des Norddeutschen Backstein-Expressionis-mus gebaut worden war, wurde durch Bomben schwer beschädigt und völlig verändert wieder aufgebaut. Julius Bamberger war, wie Schwarzwälder schreibt (cf. Großes Bremen-Lexikon, 2003, Bd. 1, S. 61) "Philantrop und national eingestellt. Er leitete viele Jahre die Bremer Ortsgruppe des ‚Central-vereins deutscher Staatsbürger jüdi-schen Glaubens’. Er selbst wurde am Tage des "Judenboykotts" am 1. April 1933 eingesperrt, musste dann 1937 aus Deutschland nach Frankreich fliehen, entkam von dort, nach erneuter Haft, 1940 nach Amerika, wo er zuletzt ein kleines Juweliergeschäft betrieb.
1906-07 Bremen. Bau der Auswandererhallen, die Friedrich Missler betreibt und in denen die Passagiere der Lloyd-Dampfer übernachten. Das Gebäude steht nach dem Krieg leer und wird 1933 von der SA als Konzentrationslager genutzt.
1906, 9. 11. Bremen. In der Stadt wird die Konsum-genossenschaft "Vorwärts" gegründet. Die gemeinwirtschaftlichen Einrichtun-gen der Gewerkschaften entwickeln sich ausgesprochen günstig. 1921 verfügt die Genossenschaft an der Holsteiner Stra-ße über ein Betriebsgelände von 20.000 Quadratmetern. Sie betreibt eine Groß-bäckerei, eine Mühle, eine Mineralwas-serfabrik und eine Marmeladenfabrik. Der Genossenschaft gehören 16 Wohn- und Geschäftshäuser. Die Waren werden über 36 Verkaufsstellen vertrieben. Später kamen noch eine Großschlachte-rei, eine Kaffeerösterei und ein Koh-lenlager hinzu. Außerdem gab es 15 Fleischläden und 16 Brotläden der Genossenschaft. Der Organisation ge-hörten während der Weimarer Republik 20.000 Familien an. Die sozialistischen Genossenschaften zeichneten sich, wenn ich das richtig verstanden habe, dadurch aus, dass sich in ihnen Konsumenten organisierten und dass die Erträge nicht nach Maßgabe des Kapitaleinsatzes, sondern nach Maßgabe des Konsums, also in Form von Rabatten, verteilt wur-den. Sie gingen zugrunde, weil in der Nazizeit die Rabatte auf drei Prozent begrenzt wurden, womit der Anreiz schwand, Mitglied einer Genossenschaft zu werden, weil man diesen Preisnach-lass in jedem Laden erhielt (vielleicht erinnert sich Mancher an die Rabattmar-ken, die man damals erhielt und mühsam sammelte), und dann folgte nach der Menschen, weil es an der Kontrolle fehlte, die Herrschaft zunächst inkompe-tenter und dann krimineller Funktionäre. So gingen die Genossenschaften zugrun-de.
1906, 30. 9. Grohn: Grundsteinlegung für die evan-gelische Kirche. Das Datum ihrer Fer-tigstellung teilt Johann von Harten, dessen Gemeindechronik ich hier aus-schreibe, leider nicht mit. Sie hat 600 Sitzplätze, kann aber gegebenenfalls durch den Konfirmandensaal noch mal erweitert werden.
1906 Strom: Gründung des "Radler-Clubs Strom, heute "Rad- du Sportverein Strom von 1906".
1906 Wulsdorf. Gründung des "Turn- und Sportvereins Wulsdorf". Den Namen in-terpretiere ich dahin, dass man in der Gruppe nicht nur das Turnen an Geräten betrieb, sondern auch Leichtathletik, betrieb, vielleicht spielte man sogar Fußball. Zum Turnen benötigte man einen Wirt, der gestattete, dass man in seinem Saal die Turngeräte aufbaute, aber für die Leichtatheltik brauchte man Platz und der war ja in Wulsdorf, jedenfalls damals, noch vor-handen.
1906-1915 Bremerhaven. Bau der Kaiserhäfen II und III, des Verbindungshafens und des Kaiserdocks II. Diese enorme Vergrö-ßerung der Hafenkapazität wurde erst möglich, nachdem Preußen im Jahre 1905 dem bremischen Staat 595 Hektar Land überlassen hatte, wofür die Han-sestadt auf 573 Hektar ihres Gebietes verzichtete
1906-1908 Bremerhaven. Carl Schuchhardt vom Morgenstern-Museum organisiert Aus-grabungen auf der Pipinsburg, der Hei-denstadt, der Heidenschanze und der Kransburg.
1906 Bremerhaven. Gründung des "Weser-Yacht-Clubs". Seit 1964 hat er seinen Sitz am Yachthafen im Geestemünder Hauptkanal, wo 1966 auch das jetzige Clubhaus des Vereins entstand.
1906 Bremerhaven. Der Verband der Schiffs-zimmerer löst sich auf. Die Gruppe hatte zuletzt noch 53 Mitglieder. Im Jahre 1875 gehörten 744 Männer der Ge-werkschaft ab, aber damals stand der Holzschiffbau noch im Flor, was sich in den folgenden Jahrzehnten grundlegend änderte. Die verbleibenden Schiffszim-merer wurden vom Metallarbeiterver-band betreut.
1906, 1. 7. Bremerhaven: Die gesamte Belegschaft der Karlsburgbrauerei ist in den Streik getreten, um höhere Löhne durchzu-setzen. Der Ausstand dauert bis zum 30. September (91 Tage). Nähere Angaben gibt es nicht.
1906, 26. 10. Bremerhaven: Streik bei der Spedition C. A. Brauns. Es geht um höhere Löhne. Der Ausstand scheitert nach vier Tagen (30. 11. 06)
1906, 27. 11. Bremerhaven: Beim Bau des Kaiserha-fens treten die Zimmerer, weil sie die Akkord-Arbeit verweigern, in den Streik, der aber nach zehn Tagen abge-brochen wird, weil der Norddeutsche Lloyd mit einer allgemeinen Aussper-rung aller Arbeiter der Großbaustelle droht.
1906 Bremerhaven/Geestemünde: In diesem Winter sinken zwei Fischdampfer. Am 18. Februar 1902 geht die "Württem-berg" aus Bremerhaven verloren, weil sie unter Island strandet. Die Besatzung wird in diesem Falle gerettet. Am 16. Juni 1906 ereilt die "Nordstern"aus Geestemünde ebenfalls unter Island dasselbe Schicksal. Auch in diesem Fall überlebt die Besatzung. Die Ursache beider Unglücksfälle ist die Übermüdung der Schiffsführung.
1906, 31. 10. Bremerhaven/Geestemünde. Fischdamp-fer-Besatzungen streiken vier Tage lang (bis zum 3. November). Sie fordern einen höheren Lohn und weigern sich, nach der Heimkehr die Dampfer zu löschen. Sie setzen sich diesmal durch.
1906 Bremerhaven/Geestemünde: Gründung des "Vereins deutscher Schiffer auf kleiner Fahrt",
1906, 12. 10. Geestemünde. Brand in den Baumwoll-schuppen am Hafen.
1906, 8. 2. Geestemünde: Die Fünf-Mast-Bark "R. C. Rickmers" läuft auf der Rickmers-Werft vom Stapel. Die wenigen Fünfmaster, die in Deutschland gebaut wurden (so vor allem, neben der "R. C. Rickmers" die "Preußen" und die "Potosi" für Laiesz-Reederei in Hamburg) waren sozusagen der letzten Versuch, der wachsenden Konkurrenz der Dampfschiffe zu begnen, aber es half nichts: Die Zeit der Windjammer war vorbei. Die Fünfmaster erwiesen sich als unwirtschaftlich und waren überdies offensichtlich schwer zu manövrieren. Die Rickmers-Rreederei verkaufte im Jahre 1910 alle ihre Rahsegler und behielt nur die R. C. Rickmers, für die sich kein Käufer fand. Sie wurde bis 1914 als Schulschiff eingesetzt, nach Kriegsausbruch auf der Fahrt nach Dardiff von den Engländern als Prise genommen und schließlich 1917 vor der irischen Küste von einem deutschen U-Boot versenkt. Die Rickmers-Werft baute 1908 als letzten Großsegler die "L’Avenir", auf der in Belgien See-Offiziere ausgebildet wurden.
1906, 30. 11. Geestemünde: Die 47 bei der Firma Köhnke beschäftigten Zimmerer streiken für mehr Lohn. Der Ausstand dauert bis zum 11. Dezember und endet mit einem kleinen Erfolg.
1906, 14. 12. Geestemünde. Vierzehn Arbeiter der Möbelfabrik Fiefstück treten wegen der Arbeitsbedingungen in den Ausstand. Als der Unternehmer mit Aussperrung droht, wird der Streik abgebrochen. Er endet nach vierzehn Tagen am 27. Dezember 1906.
1906 Lehe: Kaiserin-Auguste-Viktoria-Schu-le (heutige Theodor-Storm-Schule) er-öffnet.
1906 Wremen. Bau der Küstenbatterie Wer-men-Rintzeln.
1906 Blexen. Im Dorf werden die Kirchen-straße, die Langestraße und die Willeha-dusstraße gepflastert, in Phiesewarden kommt der II. Bult hinzu.
1906, 30. 6. Blexen. Gründung des Blexer Badever-eins. Die treibende Kraft war Johann Frels, der das Hotel "Zur schönen Ausicht" an der Blexer Hörne betrieb. Die Badestelle wurde bei der Franzo-senschanze eingerichtet, zu der während der Badezeiten sogar seit 1910 eine eigene Fährverbindung mit Bremerhaven bestand. Mit dem Kriegsausbruch des Jahres 1914 war der Traum beendet. 1916 wurden die Badehütten und der Anleger versteigert. Versuche, den Ba-debetrieb in den Zwanziger-Jahren wie-der zu beleben, sind gescheitert.
1906, 1. 10. Blexen. Die neue Ziegelei liefert die ersten Ziegel aus. Das Werk wurde 1944 durch eine Luftmine zerstört.
1906, 20. 10. Blexen: Gründung der Metallwerke Un-terweser. Es wird ab 1908 Zink und Blei produzieren. Bis 1911 entstehen vier Zinkschmelzen. 1912 kommt eine Blei-hütte hinzu. Die Metallwerke entwickeln eine enorme soziale Aktivität. So ent-steht bis 1913 das Kasinogebäude, das nicht nur ein Geschäft enthält, sondern vor allem eine Gaststätte und einen Saal für Betriebsfeste. Hinzu treten nicht nur die Villen hinter dem Kasino für die leitenden Angestellten, sondern auch Meisterwohnungen in unmittelbarer Nä-he des Werkes und ein Junggesellen-heim. Schließlich entsteht im vier Kilo-meter entfernten Phiesewarden in den Jahren 1911 bis 1913 eine umfangreiche Siedlung. Sie wird dort gebaut, weil die Bauern die Grundstückspreise in der Nähe des Werkes in die Höhe treiben. Allerdings bringen die Metallwerke auch zum ersten Male Umweltprobleme in die Stadt. Zunächst befürchten die Kabel-werke eine Beeinträchtigung ihrer Pro-duktion durch Abgase der Metallwerke, was sich aber als unbegründet her-ausstellt. Schlimmer wirken sich Zink-staub und noch mehr die Bleidämpfe in den kommenden Jahrzehnten auf die Umgebung aus. 1932 kommt es zu hef-tigen Protesten der Bauern, die damals noch in der Umgebung der Hütte ihre Höfe hatten. Sie wurden durch einen Vertrag beendet, in dem sich das Unter-nehmen zu Entschädigungszahlungen für die Produktionsausfälle der Bauern ver-pflichtete. Die Metallwerke müssen im Ersten Weltkrieg die Menschen ein-schränken und schließlich am 1. Juli 1919 ganz einstellen. Im Jahr 1920 wer-den die Öfen neu angeblasen, die Menschen erreicht aber erst 1930 wie-der den alten Stand. Dabei wurden die Metallwerke durch Unglücksfälle zusätz-lich zurückgeworfen: Im Jahre
  • 1921 und dann noch einmal im Juni
  • 1924 brannte die Schwefelsäurefa-brik nieder, die 1925 wieder auf-gebaut wurde, und im August
  • 1924 warf ein Wirbelsturm zwei Kräne um.
Für die Sozialgeschichte der Gemeinde Blexen ist der Vergleich mit der Frerichswerft wichtig: Während die Me-tallwerke von vorneherein bestrebt wa-ren, etwa durch den erwähnten Woh-nungsbau, einen soliden Arbeiterstamm an sich zu binden, legte die Frerichs-werft zunächst keinen so großen Wert darauf, und als sie es tat, war es wohl zu spät. Der Unterschied rührt wohl daher, dass die Schiffbauer stets dem inter-nationalen Konkurrenzdruck ausgesetzt waren, während sich die Metallwerke in der Hägematte eines nationalen Kartells ausruhen konnten.
1906, 26. 11. Blexen: Gründung der Superphosphatfa-brik AG. Ihr Zweck war, die Schwe-felsäure, die bei der Menschen von Zink und Blei anfiel, zu Dünger, Superphos-phat nämlich, weiter zu verarbeiten. Das Werk nahm am 1. Januar 1909 die Pro-duktion auf. Es wurde, nachdem es den Eigentümer gewechselt hatte, 1988 ge-schlossen.
1906 Blexen. An der Blexer Hörne wird das letzte "Rauchhaus" der Gemeinde ab-gebrochen. So nannte man die Häuser, die keinen Schornstein besassen. Der Qualm, der durch das offene Herdfeuer entstand, zog durch die offene Grootdör ab - oder, wenn diese im Winter geschlossen war, eben nicht.
1906 Blexen: Bau der Ostschule in Einswar-den. (Seit 1976 betreibt die CVJM-Sozialwerkstatt hier Werkstätten für Geistig Behinderte)
1906, 1. 10. Blexen: Die neue Ziegelei liefert die ersten Ziegel aus.
1906 Blexen. Bau des Blexer Hafen. Er ist anfangs ein Erfolg und wird 1907 von 188 Schiffen angelaufen, die im wesent-lichen Baumaterial bringen. Heute zuge-schüttet. Auf der Fläche befindet sich ein Parkplatz,
1906 Blexen. Bau der heutigen Martin-Pauls-Straße.
1906 Blexen: Gründung des Arbeiter-Vereins für Blexen und Umgebung. Die erste Versammlung fand am 7. Oktober 1906 in Wilms Gasthaus in Blexersande statt.
1906, 22. 8, Blexen: Die Gemeinde billigt die Hafen-ordnung. Bei dem Hafen handelt sich um ein sog. Loch, das natürlich keine Schleuse hat. Hier legen sog. "Schu-ten" an, die vor allem Baumaterial und Torf bringen.
1906 Blexen. In Einswarden wird die erste Straße gepflastert und zwar diejenige, die vom Bauern Plump zur Frerichswerft führt.
1906 Blexen: Der Turnverein Blexen löst sich auf. Wann er gegründet wurde, ist nicht mehr festzustellen. Die Wahrscheinlich-keit spricht dafür, dass das in den sechsziger Jahren geschah, als auch die anderen Butjadinger Turnvereine ent-standen.
1906 Nordenham: Die Friedeburg - das Wohnhaus des Stadtgründers Wilhelm Müller - wird vollständig zu einem modernen Saalbau umgestaltet. Auch der Park wird neu angelegt.
1906-1908 Huntebrück: Neue Drehbrücke bei Hun-tebrück. Sie wird 1945 gesprengt und dann nacheinander durch zwei Behelfs-brücken ersetzt. (die erste bauten die Kanadier, die zweite die Amerikaner).
1906 Berne: Ein Erdholländer, der seit 1878 im Westen von Neuenhuntorfermoor stand, wird an das Ostende des Dorfes versetzt und zu einem Galerie-Holländer umgebaut. Sie blieb bis 1938 in Betrieb und wurde dann abgerissen.
1906 - 1907 Wilhelmshaven: Bau des Leuchtturms auf dem Voslapper Watt. Das Seezeichen wurde 1961 abgebrochen.
1906, 2. 7. Wilhelmshaven: Auf der kaiserlichen Werft läuft das Vermessungsschiff "Möwe" vom Stapel. Der Dampfer wird am 5. August 1914 in Daressalam aufgelegt und am 8. August 1914 gesprengt.
1906 Wilhelmshaven: Kasernen an der Gökerstraße.
1906, 13. 3. Wilhelmshaven: Sturmflut. Am Jadebusen werden 5.75 m über NN gemessen. Keine größeren Schäden.
1906, 1. 6. Wangerooge. Der neue Bahnhof wird in Betrieb genommen. Im Jahre 1907 wurde er durch eine Halle ergänzt, die die beiden Gleise überspannte. Die Halle wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört, aber das Empfangsgebäude steht noch.
1906, 11. Wilhelmshaven. Marine-Intendatur fertiggestellt. Heute Stadttheater.
1906-1909 Wilhelmshaven. Bau der Dritten Einfahrt. Sie wird am 15. 10. 1909 fertig. An diesem tag laufen als erste die Linienschiffe "Nassau" und "Wesrfalen" in den Hafen ein. Die Einfahrt wurde 1947 von den Engländern gesprengt.
1906 Wilhelmshaven. Die Stadt Wilhelmshaven errichtet gemeinsam mit den Gemeinden Heppens und Bant am Ems-Jade-Kanal einen Schlachthof, der auch von der Marine genutzt wird. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Schlachthof erheblich beschädigt. Am 1. Januar 1979 übernahm die Viehverwertungs-Genossenschaft Varel das Gelände. Der Vertrieb wurde nach Borgstede verlegt.
1906-1907 Jadegebiet: Errichtung des Voslapper Leuchtturms in der Jade. Das Bauwerk wurde 1961 abgebrochen.
1906, 13. 3. Dangast. Sturmflut, die bei Dangast bis 5,35 Meter über NN aufläuft.