Dr. Klaus Dede
1. Juni 1935 - 5. Mai 2018

-1912-1914-

1912-1913 Bremen: Bau des Schauspielhauses.
1912, 12. 1. Bremen: Streik in der Zigarren-Indu-strie. Der Ausstand dauert 13 Wochen.
1912, 9. 3. Bremen. Arbeitskampf der Schneiderge-sellen. Die Meister sperren ihre Hilfs-kräfte aus.
1912, 22. 4. Bremen. Gründung eines Vereins für Zeppelin-Fahrten. Er will dafür Sorge tragen, dass in Zukunft auch in der Hansestadt Luftschiffe anlegen können.
1912, 22. 4. Bremen. Gründung eines bremischen Landesverbandes des Deutschen Wehr-vereins. Er wurde am 28. Januar 1912 in Berlin von dem General Keim gegründet und hatte im Herbst des Jahres bereits 40.000 Einzel- und 100.000 körper-schaftliche Mitglieder. Im "Meyer" (Jahressupplement 1911/12, S. 986) heißt es dazu: "Stimmung für den Verein machten die in weiten Kreisen als ungenügenden empfundenen Ergeb-nisse der deutschen Marokkopolitik von 1911." Der Wehrverein gehörte also, wie auch der Flottenverein und die Ko-lonialgesellschaft, um nur die wichtig-sten Gruppierungen dieser Art zu nen-nen, zu denjenigen Verbänden, die, von Kaiser Wilhelm II. lebhaft ermutigt, das Deutsche Volk psychologisch auf den von der Reichsleitung beabsichtigten und dann im Jahre 1914 auch ausgelösten Krieg vorbereiteten. Den Erfolg dieser Propaganda konnte dann jedermann im Mai 1945 besichtigen - auch in Bremen.
1912 Bremen: Der Speicher XI und Speicher XIII werden fertig. Speicher XIII wurde im Jahre 2000 abgerissen, aber Speicher XI blieb erhalten. Das 400 Meter lange Gebäude hat heute die Hochschule für Künste aufgenommen, hinzugetreten sind weitere Kultureinrichtungen wie das Ha-fenmuseum, Rundfunkmuseum, die Kul-turwerkstatt West-Ende, das Bremer Zentrum für Baukultur und anderes.
1912, 1./2. 6. Bremen: Schaufliegen über dem Renn-platz in der Vahr. Bei einem Absturz sterben zwei Männer.
1912, 10. 7. Bremen. Das Schillertheater wird "bei brennender Kerze" verkauft. Wahr-scheinlich ist dies das letzte Mal, dass der Brauch geübt wurde, der darin bestand, dass bei Versteigerung so lange geboten werden durfte als die bei Beginn angezündete Kerze brannte.
1912, 24. 9. Bremen: Streik bei der Schokoladen-fabrik "Hachez & Co."
1912, 1. 10. Bremen. Der Niedersächsische Gustav-Adolf-Bote erscheint erstmals. Er ist auch das kirchliche Organ für Bremen. Das Blatt geht 1920 ein.
1912, 6. 10. Bremen: Auf dem neuen Flugplatz landet zum ersten und einzigen Male ein Luftschiff, nämlich LZ 13 "Hansa". Man hoffte damals mit den Schiffen eine regelmäßigen Passagierverkehr eröffnen zu können, was jedoch, wie das Unglück der "Hindenburg" zeigte, scheiterte. Immerhin transportierten die Luftschiffe im Reich 1912 30.000 Passagiere.
1912, 1. 12. Bremen. Der bremische Staat hat insgesamt 263.426 Einwohner, davon leben 214.879 in der Stadt Bremen selbst, 23.987 in Bremerhaven, 4.112 in dem bremischen Teil Vegesacks und in den Landgebieten rechts der Weser 13.198 und links der Weser 7.230. Dazu einige statistische Angaben:
  • Im Jahre 1876 waren in Bremen 256 Schiffe beheimatet. Die Zahl stieg bis 1905 auf 695.
  • Im Jahre 1876 trafen in Bremen 2729 Schiffe mit insgesamt 920.904 Register-Tons ein, während 2799 Schiffe mit 861,807 Register-Tons ausliefen. Entspre-chend trafen 1905 4335 Schiffe mit 3.350.198 Register-Tons ein, während 41784 mit 3.456.045 Register-Tons ausliefen.
  • Im Jahre 1876 verließen über die bremischen Häfen 21.666 Auswan-derer das Land. Im Jahre 1905 waren es 186,856. Insgesamt wur-den von 1832 bis 1905 4.040.401 Personen über bremische Häfen nach Übersee befördert.
  • Im Jahre 1876 verfügte der Norddeutsche Lloyd über 51 See-schiffe und 42 Leichter. Im Jahre 1905 besaß die Reederei 75 große Dampfer, 46 Küstenschiffe, 48 Flussdampfer, 165 Leichter und zwei Schulschiffe
Bremen trat damit in das Jahrzehnt ein, das den historischen Höhepunkt der Stadtgeschichte kennzeichnet. Die kleine Republik war unglaublich reich und da-bei, dank der guten Beziehungen zur Kaiser Wilhelm II, der alljährlich Gast im Rathaus war, sogar mächtig, ein biss-chen jedenfalls. Hinzu trat dank eines sehr liberalen Klimas ein reiches kultu-relles Leben, das auch in das Umland, etwa nach Oldenburg, ausstrahlte, wo sich einige Kaufmanns-Familie an dem bremischen Vorbild ausrichteten. Und es bestand im Jahre 1905 kein Grund zum Pessimismus. Gewiss: Die internen sozi-alen Spannungen waren, was die vielen Streiks zeigten, enorm, und die politi-schen Verhältnisse vorgestrig, um das wenigste zu sagen, beides aber wurde in Bremen gemildert, weil man sich ja kannte und begegnete, also miteinander sprach und deshalb auch im konkreten Fall einvernehmliche Lösungen fand, aus denen sich dann die notwendigen Reformen wie von selbst ergaben, wenn das machbar war, aber wie konnte Bremen von seinem Acht-Klassen-Wahlrecht abgehen, wenn Kaiser Wil-helm II. in Preußen an dem Drei-Klas-sen-Wahlrecht seines Staates festhielt? Man musste also warten, was geschah und konnte das mit gutem Gewissen tun, denn alle weiteren Indikatoren gaben Anlass zu einer optimistischen Betrach-tung - wenn der Frieden, der seit 1871 herrschte, Bestand haben sollte - und eben das war nicht der Fall. Zehn Jahre später brach Kaiser Wilhelm II. den völlig überflüssigen Ersten Weltkrieg vom Zaun, der den bremischen Handel vernichtete, und vor allem nur ein Vorspiel war zu dem, was dann 1933 folgte, als der Nachfolger des letzten Hohenzollern im Amt und im Geiste, nämlich Adolf Hitler, all das der Ver-nichtung preisgab, was nicht nur in Bremen in Hundert Jahren aufgebaut worden war. (Dass ein solcher Mann noch heute in Oldenburg und Wilhelms-haven von einer "Gesellschaft für wilhelminische Studien" mit offizieller Unterstützung der Oldenburgischen Landschaft und der Stadt Wilhelms-haven, also der herrschenden Parteien CDU, SPD und FDP, gefeiert werden muss, entspricht dem Geist, der an die-sen Orten herrscht.)
1912 Bremerhaven: Am Deich 12 errichtet die Baugenossenschaft ein Gewerkschafts-haus, das aber nicht die Büros der Verbände aufnimmt - die befinden sich andernorts -, sondern die kulturellen Einrichtungen der Arbeiterbewegung. Die Baugenossenschaft wurde 1933 von den Nazis verboten, das Gewerkschafts-haus verkauft und schließlich durch im Zweiten Weltkrieg durch Bomben zer-stört.
1912 Bremerhaven. Auf dem "Fort-Wilhelm-Platz" spielen die ernsten Bremerhave-ner Fußball.
1912, 22. 3. Bremerhaven: Streik im technischen Betrieb des Norddeutschen Lloyds. Von 156 Beschäftigten treten 132 in den Ausstand. Sie haben nach vier Tagen Erfolg. Der Streik endet am 26. März 1912.
1912, 13. 7. Bremerhaven: An der Geeste wird das neue Fährhaus eröffnet.
1912, 11. 12. Bremerhaven. Die 389 Kesselchmiede, Kesselmaurer, Kesselreiniger und Schiffbauer auf der Werft des Nord-deutschen Lloyds treten geschlossen bis zum 13. Januar 1913 (33 Tage) in den Streik und erkämpfen sich so eine Zula-ge von zwei Pfennigen in der Stunde.
1912 Bremerhaven/Geestemünde/Lehe: Ein Streik in der Spedition Günther endet erfolgreich. Nähere Einzelheiten nicht bekannt.
1912 Bremerhaven/Geestemünde/Lehe: Sechs Winkelschmiede wehren sich durch einen zweitägigen Streik erfolgreich gegen eine Maßregelung.
1912, 7. 3. Bremerhaven/Geestemünde/Lehe: In 158 Städten des Deutschen Reiches, auch in den Unterweser-Orten, werden die Schneider ausgesperrt. Anlass ist ein Ausstand der Schneider in 31 Städten, jedoch nicht in Bremerhaven, Geeste-münde oder Lehe. Von der Ausperrung sind an der Wesermündung 12 Betriebe betroffen. Der Arbeitskampf dauert 24 Tage und endet am 2. April.
1912, 6. 6. Bremerhaven/Geestemünde/Lehe: In 48 Betrieben treten 800 Arbeiter, geführt vom Holzarbeiterverband, in der Streik, der 43 Wochen lang bis zum 3. April 1913 andauert. Ergebnis (trotz Aussper-rung): Zehn Pfennige mehr Lohn, dann ein Tarifvertrag über drei Jahre und schließlich die Verkürzung der Arbeits-zeit auf 56 Stunden in der Woche (= 9,3 Stunden am Tag).
1912 Bremerhaven/Geestemünde: Irgendwo in der Nordee sinkt die "Pollux" (Geestemünde) mit Mann und Maus. Im November strandet die "Els-fleth"(Bremerhaven) irgendwo an einer "Südküste" (wahrscheinlich ist Island gemeint). Das Schiff wird zum Wrack. Ob die Besatzung gerettet wurde, ist nicht bekannt.
1912, 2. 5. Bremerhaven/Geestemünde: Die Werften von Seebeck und Rickmers, des Nord-deutschen Lloyds, die Unterweser-Werft und Tecklenborg-Werft, außer-dem die Firmen Rogge und Hinsch sper-ren bis zum 4. Mai 1912 insgesamt 5000 Arbeiter aus, die am 1. Mai an Kund-gebungen teilgenommen habe,.
1912, 6. 3. Bremerhaven/Geestemünde: 1200 Be-schäftigte der Stauerei Hinsch (von ins-gesamt 1500) treten in den Ausstand, weil Kollegen wegen ihrer Zugehörigkeit zur Gewerkschaft entlassen wurden. Der Arbeitskampf, in dem es bei der Gele-genheit natürlich auch um einen höheren Lohn geht, endet einen mit einem Erfolg: Der Unternehmer hat in Zukunft die Koalitionsfreiheit zu respektieren.
1912, 10. 12. Bremerhaven/Geestemünde: In 25 Be-trieben der Fischereihäfen treten die gewerkschaftlich organisierten Maschi-nisten und Heizer in einen Abwehrstreik, weil die Reeder verlangen, dass die Arbeiter aus ihrem Verband austreten sollen. Die Unternehmer sperren zu-gleich aus. Nach 23 Wochen bricht der Zentralverband der Maschinisten und Heizer den Arbeitskampf ab und gibt sich mit einem Teilerfolg zufrieden. Einzelheiten sind mir nicht bekannt.
1912, 12. 3. Bremerhaven/Geestemünde/Lehe: 400 Kutscher und Gelegenheitsarbeiter bestreiken die Spedition Freese, um mehr Lohn zu erhalten. Der Arbeits-kampf endet erfolgreich.
1912, 28. 10. Bremerhaven/Geestemünde/Lehe: 50 von 57 Küpern der Firma Bachmann streiken zwei Tage lang, dann haben sie ihre Forderug durchgesetzt, Einzelheiten sind nicht bekannt.
1912, 6. 12. Bremerhaven/Geestemünde/Lehe: Alle 250 Beschäftigten der Speditionsfirma Brauns, die auch alle organisiert sind, treten in den Streik und setzen nach drei Tagen ihre Forderung durch. Der Streik endet am 8. Dezember 1912.
1912, 6. 12. Bremerhaven/Geestemünde/Lehe: 20 von 60 Arbeitern der Baufirmen Kipp, Henke und Stender treten wegen unzu-mutbarer Arbeitsbedingungen in einen Streik. Sie setzen sich nach drei Tagen (9. 12. 1912) durch.
1912, 16. 9. Bremerhaven/Geestemünde: 12 von 72 Maschinisten und Heizern der Fisch-dampfer verlangen mehr Lohn und er-halten auch eine Zulage nach einem zehntägigen Streik, der bis zum 26. September 1912 andauert.
1912, 19. 12. Bremerhaven/Geestemünde/Lehe: Alle 15 Arbeiter der Stauerei Lau treten in den Streik und setzen schon am 20. Dezember 1912 eine Lohnerhöhung von 5.20 auf 6 Mark am Tag durch (das entspricht, wenn ich richtig gerechnet habe, einer Lohnerhöhung um fast 16 Prozent!)
1912, 1. 4. Geestemünde: Die Gemeinde wird zur "kreisfreien Stadt" erhoben. (Der Ort erhält damit die Befugnisse eines Kreises).
1912 Geestemünde: Auf Tecklenborg-Werft streiken 173 Maschinenbauer, von denen 110 organisiert sind, zwei Tage lang um eine Verschlechterung der Arbeitsbe-dingungen abzuwehren. Sie haben Er-folg.
1912 Geestemünde: Tecklenborg baut das erste deutsche Motorschiff, die "Ro-landseck".
1912, 31. 5. Geestemünde: Streik auf der Tecklen-borg-Werft: 39 Dreher und Nieter, davon 35 Organisierte, treten drei Tage lang erfolgreich in einen Ausstand, um eine Lohnerhögung durchzusetzen. 53 Wärmer und Bohrer (davon 45 Orga-nisierte) setzen sich schon nach einem Tag durch, wohingegen die 204 Maler, von denen 189 Mitglieder ihrer Gewerk-schaft sind, bis zum 21. Juni 1912 22 Tage lang kämpfen müssen, um zum Ziel zu kommen.
1912, 26. 6. Geestemünde: Streik in Seebecks Dock: 28 von 35 Schlossern, Drehern Maschi-nenbauern und Nietern verlangen eine höhere Bezahlung, wenn sie ihre Arbei-ten auf See zu Ende führen müssen, und einen neuen Akkordlohn. Der Ausstand dauert 28 Tage bis zum 20. Juli 1912 und endet mit einem Teilerfolg.
1912, 13. 8. Geestemünde: Die Arbeiter in den Holz-lagern streiken sechs Wochen lang bis zum 24. September 1912 vergeblich um mehr Lohn. Den Unternehmern gelingt es, die Betriebe durch Streikbrecher am Laufen zu halten.
1912 Geestemünde: 40 von 55 Metallarbeitern der Maschinenfabrik Geestemünde tre-ten in den Streik, um eine Lohnerhöhung durchzusetzen, geben aber schon nach einem Tag erfolglos auf.
1912 Lehe: Gründung des Turn- und Sport-vereins Leherheide.
1912 Nordholz: Bau einer drehbaren Luft-schiffhalle. Nordholz wird zu einem der wichtigsten Stützpunkte der deutschen Luftschiffe, die bereits im Ersten Welt-krieg zu Bombenangriffen auf englische Städte eingesetzt wurden. Da die Schiffe mit Wasserstoff gefüllt waren, langsam fuhren und sehr groß waren, boten sie Flugzeugen leichte Ziele und wurden deshalb leicht abgeschossen. Sie waren also für die Kriegführung unbrauchbar.
1912 Blexen: Die Westschule in Einswarden wird fertig
1912, 11. 2. Blexen: Gründung der Blexer Bank in der Kirchstraße. Inhaber ist Johannes Ibbeken, einer der zahlreichen Auktio-natoren der Marsch, der auch die Konten seiner Kunden führte. Daraus entwickel-ten sich private Bankgeschäfte, die vermutlich allesamt in dem Ersten Weltkrieg und der darauf folgenden Inflation zugrunde gingen.
1912/1913 Blexen: Die Frerichswerft lässt in Einswarden hundert Wohnungen und ein Geschäftslokal für einen Konsum-Laden errichten.
1912, 12. 4. Rodenkirchen. Die malerische Mühle am Strohauser Tief geht in Flammen auf. Sie wird nicht wieder aufgebaut. Der Galerie-Holländer wurde 1802/1803 errichtet.
1912 Berne. Johann Meyer baut die "Camper Mühle" 1948 abgebrochen.
1912 Rüstringen: Die neue Stadt erwirbt im Gebiet von Altengroden 57 Hektar Land zur Anlage eines Stadtparks. Mit der Anlage wurde im Frühjahr 1914 begonnen, die Arbeiten mussten aber bald wegen des Weltkrieges unterbro-chen werden, wurden dann aber im Laufe der Jahrzehnte fortgesetzt.
1912 Rüstringen/Wilhelmshaven: Gründung des Katholischen Arbeitervereins. Er hielt am 15. Mai 1934 seine letzte Monatsversammlung ab und wurde nach der Befreiung nicht wieder gegründet. Ein schönes Beispiel dafür, wie sich damals auch in der katholischen Kirche die Industrie-Arbeiterschaft, in diesem Falle der Kaiserlichen Werft, von den Gesellen des Handwerks auch emotional distanzierte. Im übrigen war das auch ein Rangunterschied, was daran deutlich wurde, dass es der Abeiterverein nie zu einem eigenen Haus gebracht hat, während die Kolpinghäuser wie überall, so auch in Rüstringen und Wilhelms-haven zum Zentrum eines regen gesel-ligen Lebens wurden,
1912, 12. 8. Wilhelmshaven: Erster Spatenstich zum Bau der Wilhelmshavener und Rüstringer Straßenbahn vor dem Hotel Loheyde. Am 17. März 1913 wurde die Bahn dem öffentlichen Verkehr übergeben. Bis 1918 gab es fünf Linien, die dann auf drei reduziert wurden. Die Bombenschä-den im Zweiten Weltkrieg bewirkten, dass die Straßenbahn seit 1943 nur noch auf einer kurzen Strecke fuhr. Nach dem Karfreitagsangriff vom 30. März 1945 musste sie den Betrieb völlig einstellen. Er wurde nicht wieder aufgenommen.
1912, 19. 10. Wilhelmshaven: Einweihung eines Denkmals für den französischen Admiral Coligny. Die Plastik wurde nach einer Zeichnung von Kaiser Wilhelm II. von Martin Wolff geschaffen. Das Denkmal hat man im Zweiten Weltkrieg einge-schmolzen. (Das Monument wurde auf besonderes Betreiben Kaiser Wilhelm II. aufgestellt, der den Admiral, der als Führer der französischen Protestanten in die Geschichte einging, zu seinen Vorfahren zählte. Irgend eine Beziehung zu Wilhelmshaven oder auch nur zur norddeutschen Küste besteht nicht, es bekam aber eine besondere Bedeutung, weil der Oldenburger Historiker Jörg Michael Henneberg Anfang des 21. Jahrhunderts diese Anekdote zum Anlass nahm, um in Wilhelmshaven einen neuen Kaiser-Wilhelm -Kult zu etablieren, dem sich die "Gesellschaft für Wilhel-minische Studien" widmete. Sie betreibt in Wilhelmshaven eine Fachbibliothek, die bei ihrer Eröffnung 1300 Bände umfasste. Weitere Aktivitäten sind mir nicht bekannt.
1912 Wangerooge: Die Kaiserliche Marine sichert die Einfahrt zur Jade nun auch militärisch durch eine Batterie ab.

-1913-

1913 - 1917 Bremen. Bau der Getreideverkehrsan-lage im Wende-Becken vor dem Freiha-fen II.
1913-1916 Bremen: Neubau der Kaiserbrücke über die Weser.
1913 Bremen: Gründung der Roland-Werft GmbH in Hemelingen. Das Unternehmen sollte im wesentlichen Küstenmotor- und Fährschiffe bauen, spezialisierte sich dann aber auf kleine Kriegsschiffe. In der Zwischenkriegszeit und nach der Befreiung wandte sich das Unternehmen jeweils seinen eigentlichen Vorhaben zu, hatte auch zeitweilig damit Erfolg, musste aber 1972 den Vergleich bean-tragen, dem aber dann der Anschluss-konkurs folgte.
1913, 16. 1. Bremen. Das neue Rathaus wird ein-geweiht.
1913, 5. 3. Bremen. Wilhelm II. besucht zum 22. Mal seit seinem Regierungsantritt im Jahre 1888 die Stadt Bremen und wird im Neuen Rathaus feierlich empfangen.
1913, 2. 5. Bremen. In den bremischen Häfen und am Weserbahnhof wird der Neun-Stunden-Tag eingeführt.
1913, 4. 6. Bremen. Auf der AG Weser läuft das Linienschiff "Markgraf" vom Stapel. Das Schiff wurde am 1. Oktober 1914 in den Dienst gestellt und am 21. Juni 1919 in Scapa Flow von der eigenen Besat-zung versenkt. Die "Markgraf" war das letzte Linienschiff der Kaiserlichen marine, das in Bremen gebaut wurde.
1913, 5. 6. Bremen: Weserbadeanstalt am Altenwall eröffnet.
1913, 26. 6. Bremen: Streik beim Norddeutschen Lloyd. Die Schauerleute befinden sich im Ausstand. Ende am 24. Juli 1913.
1913, 1. 7. Hamburg/Bremen: Werftarbeiterstreik. Die Bewegung wurde von den Arbeitern der Werft "Blohm und Voss" ausgelöst und erfasste bald 36.000 Arbeiter. Der Deutsche Metall-Arbeiterverband unter-stützte zwar den Ausstand, dennoch musste er aber Mitte September erfolg-los abgebrochen werden. In Bremen, wo der Ausstand vom 20. August bis zum 5. September 1913 dauerte, lag der Schwerpunkt des Arbeitskampfers auf der AG "Weser". Hier profilierte sich erstmals Johann Knief, der zunehmende Sympathien unter den Werftarbeitern genießt und vor allem ein System von Vertrauensmännern aufbaut, die in der revolutionären Bewegung, die im Ersten Weltkrieg entstand, eine Rolle spielen. In Bremerhaven und Geestemünde beginnt der Streik am 24. Juli 1913 und endet offiziell am 14. August 1913, aber die Unternehmer zögern die Wiederein-stellung der Arbeiter hinaus, so dass die letzten erst am 6. September 1913 wieder in Arbeit und Brot stehen.
1913, 22. 7. Bremen: Streik in allen bremischen Werften.
1913, 7. 8. Bremen: Die Klempnergesellen streiken. der Arbeitskampf dauert 13 Wochen.
1913, 15. 8. Bremen: Das Neue Schauspielhaus am Ostertor (Goetheplatz) wird mit dem Lustspiel "Eine Frau ohne Bedeutung" von Oscar Wilde eröffnet.
1913, 23. 8. Bremen. Der Bremer Ingenieur A. Räp-penecker hat einen Fernschreiber erfun-den und gründet eine Gesellschaft, um die Neuerung zu vermarkten.
1913, 22. 10. Bremen: Von der Innenstadt nach Arsten fährt ein gleisloser elektrischer Oberlei-tungs-Omnibus.
1913, 8. 11. Bremen: Man beginnt mit der Zuschüttung des Torfkanals.
1913, 9. 11. Bremen: Im Bürgerpark wird das Denkmal auf dern Kaufmann Franz Ernst Schütte (1836-1911) eingeweiht. Die Marmorplastik von Adolf von Hildebrand befindet sich heute im Foyer der Mei-erei. Im Bürgerpark steht eine Nach-bildung.
1913-1917 Bremen: Bau der Getreideverkehrsan-lage am Wendebecken vor dem Frei-hafen II.
1913 Bremen: Die Vertiefung der Weser auf sieben Meter wird begonnen, aber we-gen des Krieges unterbrochen. 1924 erreicht die Maßnahme den Braker Hafen.
1913 - 1915 Bremen: Der "Eisenbahn Spar- und Bauverein" baut den Breitenbachhof. Das ist der erste mehrgeschossige Wohnkomplex in Bremen.
1913 Huchting: Der Galerie-Holländer im Dorf brennt ab und wird durch eine Dampf-mühle ersetzt.
1913 Bremerhaven/Bremerhaven/Lehe: Be-ginn der zweiten Wserkorrektion. Der Fluss soll auf sieben Meter Tiefe ge-bracht werden. Die Arbeiten müssen wegen des Weltkrieges unterbrochen werden.
1913 Bremerhaven: Die Auswandererwelle erreicht ihren Höhepunkt. In diesem Jahr überqueren 239.344 Menschen, vor-nehmlich aus Ost-Europa, von Bremer-haven aus den Atlantik, um in den USA eine neue Existenz zu suchen. Zum Vergleich: Im Jahre 1832 gab es auf der Route 10.344 Auswanderer.
1913 Bremerhaven. Beim Norddeutschen Lloyd streiken 142 von 180 Schiff-bauern. Sie wollen die Entlassung eines Kollegen verhindern und setzen sich nach zwei Tagen durch.
1913 Bremerhaven/Geestemünde/Lehe: 23 Tischler aus acht Betrieben streiken für mehr Lohn und für eine Verkürzung der Arbeitszeit. Nach zehn Wochen setzen sie sich durch.
1913 Bremerhaven/Geestemünde/Lehe: Streik in den Bauunternehmen Hornberg und Langenberg. Nach einem Tag haben sich die 30 Streikenden (von 45 Bechäftigten) durchgesetzt.
1913, 5. 3. Bremerhaven/Geestemünde/Lehe: 62 von den 86 Malern in mehreren Betriebe werden ausgesperrt, weil sie die Ver-längerung eines bestehenden Tarifver-trages durch das Diktat der Unterneh-mer ablehnen. Nach 12 Wochen endet der Ausstand am 26. Mai 1913 mit einem Teilerfolg der Maler: 5 Pfennige mehr Lohn, Vertragsdauer drei Jahre und 9,5 Stunden Arbeitszeit.
1913, 20. 4. Bremerhaven/Geestemünde/Lehe: In fünf Kleinbetrieben des Bäcker- und Konditorenhandwerks streiken acht von 14 Gehilfen 39 Tage lang bis zum 30. Mai 1913. Sie erzielen einen Teilerfolg.
1913, 11. 6. Bremerhaven: 360 Kohlenarbeiter der Firma Hinsch (die für den Norddeut-schen Lloyd arbeitete) erstreiken sich einen Zuschag zum Lohn von einem Pfennig je Stunde am Tag und zwei Pfennigen in der Nacht. Der Ausstand dauert nur zwei Tage.
1913, 12. 7. Bremerhaven/Geestemünde/Lehe: 55 von 65 Arbeiten einer Baufirme streiken für mehr Lohn. Der Ausstand dauert 28 Tage lang bis zum 7. März 1913 und endet erfolgreich.
1913, 26. 7. Bremerhaven/Geestemünde: Streik auf allen deutschen Werften, auch in den Unterweser-Orten, ausgenommen der Norddeutsche Lloyd, mit 2750 Teilneh-mern in Bremerhaven und Geestemünde, an der Küste insgesamt 25.000, Der Ausstand endet nach drei Wochen am 9. September mit einem Misserfolg.
1913, 26. 7. Bremerhaven: 1200 Hafenarbeiter (von 1850) treten in den Streik, weil sie von der Firma Hinsch den Abschluss eines Tarifvertrages und außerdem natürlich mehr Lohn fordern. Obwohl nicht alle der 1312 gewerkschaftlich Organisierten teilnehmen und überdies vom Norddeut-schen Lloyd etwa 1000 Streikbrecher eingesetzt werden, endet der Arbeits-kampf erfolgreich.
1913, 21. 9. Bremerhaven. Das Holzlager der Firma Suhr brennt ab.
1913, 18. 10. Bremerhaven/Geestemünde/Lehe: Zehn Arbeiter streiken sechs Tage, um eine Lohnforderung durchzusetzen. Sie haben Erfolg. Einzelheiten sind nicht bekannt.
1913, 24. 10. Bremerhaven: 250 Nieter und Bohrer legen auf Tecklenburg-Werft die Arbeit nieder. Daraufhin werden 1500 Arbeiter entlassen. Der Arbeitskampf dauert bis zum 30. Oktober 1913.
1913, 14. 11. Bremerhaven: Auf Tecklenburg-Werft läuft das Schulschiff "Großherzog Friedrich August" vom Stapel.
1913 Geestemünde: Der Ort wird kreisfreie Stadt.
1913 Geestemünde: Im Fischereihafen brennt das Betriebsgebäude der Geestemünder Herings- und Hochseefischerei AG nie-der.
1913, 16. 6. Geestemünde: Großfeuer auf Tecklen-burg-Werft
1913, 1. 1. Geestemünde. Die bisherige "Landge-meinde" erhält den einer Status "Stadt".
1913, 8. 8. Geestemünde: Wilder Streik bei Tecklenborg. 727 von 2300 Arbeitern (davon nur 467 organisiert) fordern mehr Lohn und haben damit nach neun Tagen (Ende des Streiks am 17. August 1913) Erfolg.
1913, 13. 9, Geestemünde: Der Fischdampfer "Komet" strandet an der Südküste von Island. Das Schiff wird zum Wrack. Ursache des Unfalls ist die Nachlässigkeit der Schiffsführung. Was aus der Besatzug geworden ist, wird nicht berichtet.
1913, 24. 10. Geestemünde. 250 Nieter und Bohrer der tecklenborg-Werft treten in einen neuen Streil. Darafhin entlässt das unternehmen 1500 Arbeiter. Der Arbeitskampf endet am 30. Oktober.
1913-1916 Lehe. Bau des Amtsgerichts.
1913 Lehe: Elf von 200 Lochern (?) eines Betriebes werden für einen Tag ausgesperrt, dürfen dann aber an ihren Arbeitsplatz zurückkehren
1913, 24. 4. Geestemünde: 150 Nieter der Rickmerswerft streiken fünf Tage lang bis zum 29. April 1913 und erkämpfen sich so eine Zulage zum Lohn von 5,5 Prozent.
1913, 18. 10. Geestemünde: Streik der Nieter und Bohrer auf Tecklenborg-Werft, weil ihnen die Akkord-Zulage verweigert wird. Der Ausstand, an dem sich 250 der 2300 Werftarbeiter beteiligen, wird nach 12 Tagen am 31. 10. 1913 von der Gewerkschaft abgebrochen, nachdem die Werksleitung 1500 Männer entlassen, also ausgesperrt hat
1913, 11. 2. Geestemünde. 15 Maurer einer nicht genannten Werft streiken 28 Tage bis zum 7. März 1913 und erzielen einen Teilerfolg.
1913 Nordenham: Errichtung der Städtischen Sparkasse. Ab 1. 4. 1924 Filiale der Landessparkasse zu Oldenburg.
1913, 13. 4. Nordenham: Amtsverwaltung und Amtsgericht beziehen das neue Gebäude an der Bahnhofstraße. Das von dem Oldenburger Architekten Rauchheld geplante Haus ist ein überaus schönes Beispiel des Jugendstils, das wie durch ein Wunder bis heute unverändert erhalten blieb. Es wird inzwischen nur noch durch das Amtsgericht Nordenham genutzt
1913, 30. 4. Rodenkirchen: Eisenbahnstrecke zwischen Rodenkirchen und Varel in Betrieb genommen. (Abbau 1963)
1913, 30. 4. Rodenkirchen. Die Eisenbahnstrecke von Rodenkirchen nach Varel wird in Betrieb genommen. Sie bleibt bis zum Jahre 1963 in Betrieb und wird dann abgebrochen.
1913 Berne: Brücke über die Ollen. 1967 durch ein neues Bauwerk ersetzt.
1913, 1. 5. Wilhelmshaven: An der Jade kommt es, wie inzwischen üblich, zu einer Mai-Demonstration. Die oldenburgischen Behörden haben sich auf das Ereignis in ihrer Weise vorbereitet, indem sie die Polizeibeamten der Stadt Rüstringen bis auf 2 Schutzleute nach Oldenburg kommandierten, wo die Männer an einer Polizeihundeprüfung teilnehmen mussten. Im preußischen Wilhelmshaven dagegen war die Polizei verstärkt worden, außerdem lag Militär in Bereitschaft. Der Demonstrationszug mit etwa 1500 Teilnehmern bewegte sich ohne Fahnen und ohne Musik die Gökerstraße entlang in Richtung Kanal auf den "Banter Bürgergarten" und "Schmidts Garten" zu und betrat an der Kreuzung Bismarckstraße/Göker-straße preußisches Gebiet. Hier sperr-ten 22 preußische Polizisten die Straße ab, so dass es zu Stauungen kam, wobei die Polizisten die Demonstranten zurückdrängten, indem sie bereits mit dem Säbel drohten. Als ein Arbeiter zu schlichten versuchte, erhielt er einen Hieb ins Gesicht, andere wurden durch Schläge und Stiche an den Beinen, im Rücken und am Gesäß verletzt. So weit der Sachverhalt. In einem anschließen-den Gerichtsverfahren wurde ein Ar-beiter zu zwei Monaten Gefängnis und ein zweiter zu drei Wochen Gefängnis verurteilt, ein weiterer musste eine Geldstrafe zahlen. (Drei Monate später ziehen die Arbeiter für den Kaiser, der sie so übel behandeln ließ, angeblich begeistert in den Krieg und lassen sich für einen Staat, der ihnen kaum Rechte einräumte, wohl aber die Folgen einer verfehlten Politik aufpelzte, verstümmeln und töten - wie können wir das erklären?)
1913-1914 Varel: Wasserturm in Varel. Der Bau ist 54 Meter hoch.
1913, 17. 3. Rüstringen/Wilhelmshaven: Die Straßen-bahnen in Wilhelmshaven und Rüstringen nehmen den Betrieb auf. Bis 1918 bestanden in den beiden Städten fünf Linien, die dann auf drei reduziert wurden. Der Betrieb im Verlauf des Zweiten Weltkrieges immer weiter reduziert und schließlich nach dem letzten Luftangriff auf Wilhelmshaven am 30. 3. 1945 vollständig eingestellt. Er ist dann nie wieder aufgenommen worden.
1913, 23. 12. Wilhelmshaven: Eröffnung der Kaiser-Friedrich-Kunstthalle an der Ecke Göker/Viktoriastraße. Der Kunstverein Wilhelmshavens war bereits am 10. Januar 1912 gegründet worden. Die Kunsthalle wurde im Zweiten Weltkrieg durch Bomben zerstört und 1968 an der Adalbertstraße wieder aufgebaut.
1913-1915 Wilhelmshaven. Die Deutsche Maschi-nenfabrik Duisburg baut den "Langen Heinrich", den größten Schwimmkran Europas seiner Zeit. Den Ponton, auf dem das Ungetüm montiert wird, nietet die AG Weser in Bremen zusammen. Der Kran kann bis zu 250 Tonnen heben und hat eine Auslage von 42 Metern. Das Oberteil ragt bis zu 81,4 Metern in den Himmel. Nach der Befreiung sicherten sich die Amerikaner im Jahre 1945 den Kran und brauchten ihn in Bremerhaven auf.
1913 Esens: Gründung des Kurvereins für Esens und Umgebung, der besonders für Bensersiel wirbt.

-1914-

1914 Berlin: Das Jahr der großen Kata-strophe. Weil serbische Verbrecher den Erzherzog-Thronfolger von Österreich-Ungarn, ermordet haben, erkärte die Doppelmonarchie, von der deutschen Reichsleitung dazu angestiftet, Serbien den Krieg, woraufhin Russland gegen Österreich mobil macht. Das wieder ver-anlasst das Deutsche Reich, sowohl Russland als auch Frankreich, das bisdahin völlig unbeteiligt war, den Krieg zu erklären und in das neutrale Belgien einzumarschieren, was nun Großbritan-nien veranlasst in den Krieg gegen die Mittelmächte einzutreten. Anfangs ste-hen also zwei gegen drei europäische Großmächte. Zunächst allerdings können die Menschen noch einmal einen friedlichen Sommer genießen, während Handel und Wandel blühen. Beispiel: Die deutsche Handelsflotte hat einen Um-fang von 5.459.000 BRT - eine Größe, die sie nie wieder erreichen sollte. Die Flotte des Norddeutschen Lloyds umfasst mit 494 Schiffen und einer Gesamt-Tonnage von 492.952 BRT, also fast ein Viertel davon, davon 135 Seeschiffe und 358 Schlepper. Flussschiffe, Barken und leichter sowie ein Schulschiff.

Welch eine Katastrophe der von der deutschen Reichsleitung ausgelöste Krieg für die Unterweserstädte bedeutete, macht ein Hinweis deutlich: mit dem Tag der englischen Kriegserklärung konnte kein Schiff mehr die Häfen anlaufenund keines dieselben mehr verlassen. Der gesamte Handel stagnierte. In Geestemünde hörte die gesamte Fischindustrie auf. Die Fischdampfer wurden als Vorpostenboote weitgehend aufgebraucht. Die Rickmerswerft musste schließen. Die anderen Werften waren zwar gut beschäftigt, arbeiteten aber für die Kaiserliche Marine. In den Städten stiegen die Preise. Trotzdem mussten die Lebensmittel rationiert werden. Die Maßnahme führte natürlich zu einem ausgedehnten Scheichhandel. Die Presse unterlag nunmehr der Zensur durch das Militär. Der Krieg bewirkte unter der Zivlbevölkerung eine ungeheure Not und führte zur allgemeinen Verarmung des Mittelstandes. So wurden die Vorausetzngen für die nachfolgende Radikalisierung der deutschen Bevölkerug geschaffen. Indessen lebte der Mann, der dies alles zu verantworten hatte, nämlich Kaiser Wilhelm II, ruhig in seinem Hauptquartier in schönen Bade-orten wie dem belgischen Spaa, fuhr gelegentlich mit einem neuen Schlacht-schiff durch die Deutsche Bucht spazieren und ging schließlich, als ob nichts gewesen wäre, in Pension, die er in den Niederlanden verbrachte, bis er 1941 starb, nachdem er die Einnahme von Paris durch deutsche Truppen öffentlich bejubelt hatte - seinem Nachfolger im Amt und im Geiste, Adolf Hitler, war gelungen, was bei ihm nur Absicht geblieben war.
1914-1916 Bremen: Bau der Getreideumschlagsan-lage im Bremer Hafen. Erweiterung: 1930. Erneuert 1948-1950.
1914, 7. 3. Bremen. 23. und letzter Besuch Wil-helms II. in Bremen. Der Kaiser hatte während seiner Regierungszeit den klei-nen Stadtstaat, vor allem aber den Norddeutschen Lloyd, mit seinem besonderen Wohlwollen bedacht. Warum das so war, weiß ich nicht, aber ich könnte mir denken, dass hier, wie auch sonst im Denken des letzteren regie-renden Hohenzollern, einmal die un-glaubliche Rückständigkeit der bremi-schen Verfassung und die Modernität der Wirtschaft, wie sie besonders der Norddeutsche Lloyd zeigte, dem Kaiser emotional sehr entgegen kam, der ja beides in sich zu vereinen wusste. nämlich politische Rückständigkeit und technische Modernität in sich zu ver-einigen wusste. Vielleicht spielte ja für den Antisemiten Wilhelm Hohenzollern auch eine Rolle, dass der Norddeut-sche Lloyd, im Gegensatz zur HAPAG, wenigstens an der Spitze "judenfrei" war -erhier also keinem Ballin begeg-nete.
1914, 15. 4. Bremen. Eröffnung der neuen Realschule in der westlichen Vorstadt.
1914, 15. 4. Bremen: An der Karlstraße wird das staatliche Seminar zur Ausbildung von Volksschullehrerinnen eröffnet.
1914, 30. 4. Bremen. Die Badeanstalt am Ohlenhof in Gröpelingen wird eröffnet.
1914, 21. 5. Bremen: Auf dem Flugplatz auf dem Neuenfelde wird die erste Flugzeughalle eingeweiht.
1914, 23. 5. Bremen. Der Café-Besitzer Jürgens und der Inhaber des Fährregals Otto Hillebrecht beginnen mit dem Betrieb der Fähre Peterswerder (auch "Hillebrecht-Fähre" genannt), die Hastedt und Arsten mit dem Werder verband. Seit dem 18. Jahrhundert hatten hier bereits Boote verkehrt, die es den Bauern gestatteten, Heu und Vieh über die Weser zu bringen. Nunmehr dienten die Ruderboote dem Ausflugsverkehr. Seit 1926 wurde sogar ein Motorboot - "Klein-Ottchen" - eingesetzt, das später noch durch das Motorboot "Anna" ergänzt wurde. Nach dem Krieg wurden sie durch MS "Gretchen" (1954) und MS "Antje" (1964) ersetzt. Die Fähre am 23. September 1968 ihren Betrieb ein. Sie war durch den Bau der Werdersee-Brücke überflüssig geworden.
1914, 6. 11. Bremen. Alle männlichen Engländer im Alter zwischem dem 17. und dem 55. Lebensjahr werden in "Sicherheits-haft" genommen und in das Lager Ruh-leben bei Berlin überführt, das damit das erste Konzentrationslager auf dem Bo-den des Deutschen Reiches gewesen sein dürfte.
1914 Bremen. In Walle wird ein Haltpunkt der Eisenbahn eingerichtet.
1914, 4. 1. Bremerhaven. Die 14 Einzelvereine des Arbeitersport in den Unterweserstädten und den Nachbarschafts-Gemeinden schließen sich zur "Freien Turnerschaft Unterweser" zusammen. Die einzelnen Vereine in Bremerhaven, Lehe, Geeste-münde, Langen, Spaden, Wulsdorf, Schiffdorferdamm und Stotel bleiben als Abteilungen bestehen. Die Freie Tur-nerschaft Unterweser hat insgesamt 1300 Mitglieder. Die Organisation be-währt sich aber nicht und wird deshalb 1924 wieder aufgelöst, so dass dann aus den Abteilungen wieder selbständige Vereine wurden.
1914 Bremerhaven. Man beginnt mit dem Bau der Nordschleuse. Die Arbeiten müssen aber nach Kriegsbeginn unterbrochen werden.
1914,27. 7. Bremerhaven. Die Grobschmiede des Norddeutschen Lloyds treten in den Streik, weil sie mit Unorganisierten nicht zusammenarbeiten wollen. der Ausstand, an dem sich von 94 Arbeitern 64 beteili-gen, wird nach 5 Tagen wegen des Kriegsausbruchs ergebnislos abgebro-chen.
1914, 22. 7. Bremerhaven/Geestemünde/Lehe. Streik bei der Baufirma Hinrichs. Beteiligt sind 16 der 28 Arbeiter. Es geht um Diffe-renzen mit einem Polier. der Konflikt wird durch einen Kompromiss beigelegt.
1914 Bremerhaven: Neubau der Bremerhave-ner Mole an der Geestemündung.
1914 Bremerhaven/Geestemünde: In diesem letzten Friedensjahr gehen sechs Fisch-dampfer verloren, nämlich:
  • Am 3. Januar 1914 die "Alice Busse"(Geestemünde", die vor dem Isa-Fjord vom Eis erdrückt wurde,
  • dann, ebenfalls am 3. Januar 1914, die "Karoline Köhne", die eben-dort dasselbe Schicksal ereilte.
  • Im Januar 1914 sank auch die "Loy" vor der Nordküste Islands. Die Besatzung ertrank.
  • Im Februar 1914 folgte ihr, eben-falls vor der Nordküste Islands, die "Forelle" aus Geestemünde in die Tiefe. Auch sie nahm die Besat-zung mit sich.
  • Im April 1914 strandete die "Lambert"an der Westküste Is-lands, wobei das Schiff zum Wrack wurde. Das Schicksal der Besat-zung ist unbekannt.
  • Dasselbe Schicksal ereilte, eben-falls im April 1914, die "Ochtum" aus Bremen. Auch sie wurde zum Wrack. Auch in diesem Falle weiß man nichts von der Besatzung.
1914, 1. 7. Geestemünde/Lehe: Eröffnung der bei-den neuen Bahnhöfe in Geestemünde und Lehe.
1914 Geestemünde. Die Tecklenborg-Werft liefert den Dampfer "Pungo" ab (124 m. lang, 3600 BRT). Das Schiff schrieb sich in die Kriegsgeschichte ein, als es 1915 zu dem Hilfskreuzer "Möwe" umgebaut wurde, die unter dem Kom-mando des Grafen von Dohna-Schlodien zweimal die britische Blockadelinie durchbrach und dann auch, so weit ich weiß: als einziges Schiff dieser Art, jeweils in den Heimathafen zurückkehrte zurückkehrte. Nach dem Krieg fuhr die "Möwe" unter dem Namen "Olden-burg", natürlich als ziviles Handels-schiff, weiter und wurde erst 1945 durch Fliegerbomben in Norwegen versenkt.
1914, 4. 5. Lehe. Von den 60 Arbeitern der Firma W. Rogge treten zehn in den Streik, um eine Lohnerhöhung und einen Tarifver-trag durchzusetzen. Der Arbeitskampf wird nach 86 Tagen am 3. August 1914 wegen des Kriegsausbruchs von der Ge-werkschaft abgebrochen.
1914, 9. 1. Wulsdorf. 55 der 65 Arbeiter der Eisfabrik Feldhusen streiken, weil einer ihrer Kolegen unwürdig behandelt wur-de. Über Verlauf und Ergebnis des Aus-standes ist nichts bekannt.
1914, 21. 1. Wulsdorf. Dreißig Arbeiter der Schup-pen- und Eisfabrik Busse fordern mehr Lohn und setzen die Forderung auch nach einem nur zweitätigen Streik durch.
1914, 21. 5. Rodenkirchen: In Hartwarden wird das Denkmal eingeweiht, das an die Schlacht erinnert, die vor 400 Jahren an dieser Stelle stattfand und in der die Butjadinger ihre Selbständigkeit einbüß-ten.
1914 Brake: Die "Fett" (Fettraffinerie AG) in Brake nimmt den Betrieb auf.
1914, 28. 8. Wilhelmshaven. Gefecht vor Helgoland. Die deutsche Hochseeflotte war unter der Annahme gebaut worden, dass die britische Flotte, wie das 1864 die Dänen und 1870 die Franzosen getan hatten, eine Blockadelinie etwa bei Helgoland ziehen würden. In diesem Fall sollte die deutsche Flotte mit allem, was sie hatte, auslaufen und, wenn möglich, die briti-sche Flotte möglichst dicht an die Küste ziehen, wo sie von den Küstenbatterien auf Helgoland und Wangerooge, viel-leicht auch Borkum, erreicht werden konnten. Überdies würden die deutschen Minen ihre Wirkung tun - man: dor harr een Ul seeten. Die Briten blockierten den deutschen Handel auf der Höhe Schottlands, wo die britische Flotte für die deutschen Schiffe unerreichbar wa-ren. Damit hatte sich die Strategie des Großadmirals Tirpitz als Fehlschlag er-wiesen: die Hochseeflotte Wilhelms II. war nicht nur technisch rückständig, sondern darüber hinaus für einen Krieg gebaut worden, der so nie stattfand, was Fachleute, zu denen der Kaiser nicht ge-hörte, auf die er aber hätte hören müs-sen, natürlich vorher gewusst hatten. Das Lieblingsspielzeug des letzten Kaisers entpuppte sich als eine giganti-sche Fehlinvestition, die ihn dann aller-dings den Thron kostete - das deutsche Volk zahlte indes weit mehr. Nur einmal - am 28. August 1914 - stießen briti-sche Flotteneinheiten in die Deutsche Bucht vor. In dem Gefecht mit deutschen Vorpostenkräften versenkten sie die Kleinen Kreuzer Mainz, Ariadne und Cöln sowie ein Torpedoboot. Die deut-schen Linienschiffe lagen zu diesem Zeitpunkt im Hafen und waren nicht einsatzbereit, während die Geschütze auf Helgoland wegen des Nebels nicht eingreifen konnten. Im übrigen: Wenn man einmal von dem Gefecht bei Coronel vor der chilenischen Küste absieht, in dem das Geschwader des Admirals Graf Spee einige abbruchreife britische Kriegsschiffe versenkte, hat die deut-sche Hochseeflotte im Ersten Weltkrieg alle ihre Seeschlachten verloren, auch die vor dem Skagerrak. In diesem Tref-fen gelang es zwar dem Admiral Schaar seine Flotte der vernichtenden Umklam-merung durch die Briten zu entziehen, aber das Ziel des Unternehmens, die Sprengung der britischen Blockadelinie, wurde weder diesmal noch später er-reicht. Wenn man also die ver-senkte Tonnage und andere statistischen Spiel-chen außen vor lässt und schlicht fragt, ob das Ziel erreicht wurde, das mit dem Flottenbau im Allgemeinen und mit dem Vorstoß an die norwegische Küste im Besonderen angestrebt wurde, dann lau-tet die Antwort: Nein, das war nicht der Fall. Und das bedeutet: Die Briten waren die Sieger und die Deutschen die Verlie-rer - und das wird man wohl fast ein Jahrhundert post festum sagen dürfen.
1914, 15. 9. Wilhelmshaven: Eröffnung der Volksbü-cherei in der Gewerbeschule. Sie wurde im Jahre 1920 in die "Bücherei der Jadestädte" umbenannt und zog am Mai 1921 in das Offizierskasino um. Sie vereinigte die Bestände der "Wilhelms-havener Bücherei" (4000 Bände), der Bücherei des Gewerkschaftskartells (400 Bände), des Werftwohlfahrtsvereins (6000 Bände) und des Gewerbevereins (300 Bände). 1933 wurde der Bestand dezimiert, weil man das "undeutsche Schrifttum" aussonderte. Die Bibliothek zog zu einem mir unbekannten Zeitpunkt in das Haus Prinz-Heinrich-Straße/Ecke Marktstraße um. Hier wurde sie in der Nacht vom 14. zum 15. September 1942 durch Bomben schwer getroffen und zum großen Teil vernichtet. Im Jahre 1943 wurde die Bücherei mit 10.000 Bänden in der Volksschule an der Bremer Straße neu eröffnet. Sie zog 1944 noch einmal in das Seemannshaus um, wurde hier aber 30. März 1945 erneut ausgebombt. Im Herbst 1945 konnte die Bücherei, nachdem man diesmal Nazi-Literatur daraus entfernt hatte, wieder eröffnet werden und zwar zunächst in einer Schule und dann in der ehemaligen Sta-tionsbücherei an der Kieler Straße/Ecke Bremer Straße. Weitere Zwischenstati-onen dieser abenteuerlichen Geschichte seien hier ausgespart, jedenfalls erhielt die Wilhelmshavener Stadtbibliothek ihr endgültiges Domizil in einem Neubau an der Virchowstraße, der am 2. November 1962 eingeweiht wurde.
1914, 4. 11. Schillig-Reede: Der Panzerkreuzer "York" treibt beim Ankerlichten auf Schillig-Reede in die eigene Minensper-re und wird zweimal getroffen. das Schiff sinkt sofort. Es sterben 281 Männer. Die "York" war am 3. November 1914 mit den Aufklärungs-Streitkräften von einem Vorstoß gegen die englische Küste zurückgekehrt, musste aber wegen Nebels in der Außenjade ankern. Am 4. November sollte sie in die Werft verlegen, was sicherlich auch einige Stunden später hätte geschehen können. Im übrigen handelte es sich um ein Schiff der "Vor-Draeghtnought-Ära, war also für den modernen Seekrieg nicht mehr geeignet und damit nichts weiter als Kanonenfutter, wie sich später auch beim Untergang der "Blücher" in der Schlacht vor der Doggerbank und der "Pommern" in der Skagerrak-Schlacht zeigen sollte.
1914 Rüstringen: Gründung des "Reformreal-gymnasiums Rüstringen für Knaben". In der Nazizeit "Admiral-Scheer-Schu-le". Das Gebäude wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört und nicht wieder aufgebaut.
1914, 1. 8. Wangerooge. Der Badebetrieb auf der Insel endet, weil der Weltkrieg ausge-brochen ist. Die Zivilbevölkerung wird zum Teil evakuiert.