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Dr. Klaus Dede 1. Juni 1935 - 5. Mai 2018
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-1919- |
1919 |
Berlin/Bremen:
Das ist offiziell das erste Friedensjahr, kann also der Anlass
sein, um eine Bilanz der vier Kriegsjahre zu ziehen, obwohl die
Folgen der von Kaiser Wilhelm II. angerührten Katastro-phe
noch lange nicht verwunden sind: Die Tonnage der deutschen
Handels-flotte ist in den 51 Monaten des großen Orlogs von
5.459.000 BRT auf 671.000 BRT gesunken. |
1919 |
Bremen.
In der Hansestadt spitzen sich die Verhältnisse zu. Man
erwartet die zurückkehrenden Soldaten und befürch-tet
deren Eingreifen. Zugleich radikali-siert sich die Linke immer
weiter, was dann schließlich zu den tragischen Er-eignissen
führt, mit denen die Revolution in Bremen ihr Ende findet.
Die Ein-zelheiten:
- 1.
Januar: Die Soldaten des Infan-terie-Regiments Nr. 75, das in
Bremen
stationiert war, werden in Sebaldsbrück
ausgeladen und von einer riesigen Menschenmenge be-geistert
empfangen. Das Regiment greift sogleich in die politischen
Verhältnisse ein. Es kommt zu einem Vertrag zwischen dessen
Stab und dem Arbeiter- und Soldatenrat,
in dem beide Institu-tionen ihre Aufgaben definieren. Der Vertrag
wird aber nicht eingehalten. Revolutionäre Arbeiter unter
Führung von Johannes Knief
entwaffnen daraufhin noch am gleichen Tag die Soldaten in ihrer
Kaserne.
- 6.
Januar: Wahlen zum Arbeiterrat. Die Mehrheitssozialisten erhalten
104 Mandate. 59 gehen an die USPD und 60 Mandate an die KPD. Die
beiden radikalen Parteien be-haupten damit eine knappe Mehr-heit
in dem Gremium.
- 9.
Januar: Die Mehrheitssozalisten versuchen eine neue Zeitung als
Ersatz für die Bremer
Bürger-Zeitung,
die ihnen mit Gewalt genommen worden war, heraus zu bringen,
werden aber durch Vertreter des Soldatenrats gewalt-sam daran
gehindert.
- 10.
Januar: Kundgebung der Kom-munisten
und der USPD auf dem Marktplatz.
"Das Rathaus
war mit Bewaffneten umgeben. Maschinen-gewehre standen auf den
Treppen des Doms."
(Schwarzwälder,
Ge-schichte der Freien Hansestadt Bremen,
Bd. III, S. 56). Johann Knief
ist krank, dafür spricht der Lehrer Karl Jörn.
Auf dieser Kund-gebung wurde "die sozialistische Republik
Bremen"
proklamiert und das Standrecht verkündet. Die
Mehrheitssozialisten wurden aus dem Arbeiterrat ausgeschlossen.
Die Organe der Republik waren einmal der Arbeiter- und
Solda-tenrat,
wobei der Arbeiterrat nur aus Vertretern der USPD
und der KPD bestand, und der Rat der Volksbeauftragten.
Schwarzwälder: "Nun nahm die Menge die Resolution an, ohne
dass eine ordnungsgemäße oder gar geheime Abstimmung
stattgefunden hätte. Die Frage der Legitimation stellte sich
natürlich nicht; was hier geschah, war ein revolutionärer
Akt, über dessen Rechtmäßigkeit der Erfolg in der
Zukunft entschei-den musste." (Schwarzwälder,
Geschichte der Freien Hansestadt Bremen,
Bd. III, S. 56). Noch am gleichen Abend wählt der
Arbei-terrat, bestehend aus 75 Vertretern der KPD und 74
Delegierten der USPD, einen sechsköpfigen "Rat der
Volksbeauftragten", der an die Stelle des Senats tritt.
Schwarz-wälder: "Das Rätesystem konnte damit seinen
Abschluss erhalten; es beruhte nicht auf einer Herr-schaft der
Arbeiterschaft oder des Proeltariats, soweit man darunter alle
Lohnempfänger oder auch nur alle lohnabhängigen
Handarbeiter verstehen will; es war die ‚Herrschaft’ des
linkssozialisti-schen Teils der Arbeiterschaft unter der Führung
einer kleinen radikalen Gruppe". (Schwarzwäl-der:
Geschichte der Freien Han-sestadt Bremen,
Bd. III, S. 57).
- 11.
Januar: Der Rat der Volksbe-auftragten führt die Vorzensur
ein.
- 13.
Januar: Der Arbeiter- und Soldatenrat beschließt mit 101 zu
88 Stimmen, die Wahl zur Natio-nalversammlung in Bremen
statt-finden zu lassen. Die Vertreter der KPD
waren konsequent dagegen, die USPD
ist gespalten.
- 14.
Januar: Bremen
steht am Rande des Bürgerkriegs. Der Grund: Die Kommunisten
im Arbeiterrat be-treiben die Entwaffung der Solda-ten, während
der Soldatenrat meint, dass die Arbeiter ihre Ge-wehre abgeben
sollten. Am 14. Januar 1919 wird der Stadtkommandant Ecks beim
Mit-tagessen von Matrosen verhaftet, ebenso ein Mitglied des
Soldaten-rats und ein Volksbeauftragter. Truppen besetzen die
Brücken, den Bahnhof
und den Markplatz der Stadt. Vor der AG Weser
kommt es zu Schießereien zwischen Matro-sen und Arbeitern,
bei denen es Tote gibt. Einige Arbeiter nehmen 20 Angestellte als
Geiseln. Am Abend kommt es zu einem Kom-promiss zwischen den
Parteien: Der kommunistische Stadtkomman-dant Ecks
wird abgesetzt, die Ge-fangenen kommen frei und die Soldaten
rücken wieder in ihre Kasernen ein.
- 15.
Januar: Die Straßenbahner in Bremen demonstrieren für
einen achtstündigen Arbeitstag und höhere Löhne.
Die Forderugen wurden am 16. Januar bewilligt.
- 15.
Januar: Chaotische Versamm-lungen im Casino, den Centralhal-len
und in der "Union".
Der Zweck war, dass die Arbeiter die Vereinbarung des Vortages
bestä-tigen sollten, tatsächlich wurde nun offenkundig,
dass die einzelnen Gruppen, insbesondere die Arbeiter hie und die
Soldaten dort, sich unversöhnlich gegenüber standen,
während die Bürgerlichen im Hintergrund auf ihre Stunde
warteten. Schließlich gab es ja noch die
Mehrheitssozialisten, die darauf hofften, ihre Forderungen in
einer Republik durchzusetzen, die demokratisch und
rechtsstaatlich geordnet war.
- 19.
Januar: In Bremen
finden die Wahlen zur Nationalversammlung
statt. Die Wahlbeteiligung betrug 84,1 Prozent. Die stärkste
Partei wurden die Mehrheitssozialisten mit 42 Prozent der
Stimmen. Es folgte die Deutsche
Demokratische Partei
mit 33,5 Prozent und die USPD
mit 18,2 Prozent. Die KPD hatte sich an der Wahl nicht beteiligt.
Schwarzwälder: "Das Wahlergebnis zeigte eindeutig, selbst
wenn man etwa 10.000 verlorene kommunistische Stimmen annehmen
sollte, wie schwach die Basis der Räterepublik bei der
Bevölkerung und sogar bei der Arbeiterschaft zahlenmäßig
war." (Schwarzwälder:
Geschichte der Freien Hansestadt Bremen,
Bd. III, S. 67).
- 20.
Januar: Bewaffnete Arbeiter unter der Führung von Karl Jörn
besetzen öffentliche Gebäude und Banken. Einige ziehen
zur Kaserne am Neustadtwall
und verlangen Waffen. Weder die KPD
noch die USPD
waren von dem "Putsch" vorher unterrichtet worden,
geschweige denn, dass sie einverstanden gewesen wären. Jörn
musste also bald aufgeben.
- 21.
Januar: Der Arbeiter- und Soldatenrat
hebt die Pressezensur auf.
- 22.
Januar: Karl Jörn
verlässt Bre-men
und geht nach Wilhelmshaven.
- 24.
Januar: Der Rat der Volksbeauftragten und der Voll-zugsrat
entwerfen eine Verordnung für die Wahlen zu einer bremischen
Volksvertretung. Sie wird am 28. Januar fertiggestellt und dann
am 1. Februar vom Arbeiter und Sol-datenrat angenommen.
Schwarz-wälder: "Die Situation hätte es wohl
gestattet, die Wahlen zur bremischen Nationalversammlung und
damit eine friedliche Liquidie-rung der Räterepublik
durchzufüh-ren, wenn auch linksradikale Akti-onen diese
Entwicklung jederzeit gefährden konnten."
(Schwarz-wälder,
Geschichte der Freien Hansestadt Bremen,
Bd. III, S. 73).
- 25.
Januar: In Berlin befiehlt der Volksbeauftragte Gustav Noske
dem General Walther v. Lüttwitz,
die Ordnung in Bremen
wiederher-zustellen, der den Auftrag weiter-gibt.
- 27.
Januar: Oberst Wilhelm Gers-tenberg
erhält den Befehl, die Aktion duchzuführen.
- 29.
Januar: In Verden trifft Militär ein. Zugleich versammeln
sich hier Freiwillige unter dem Kommando des Majors Caspari.
- 30.
Januar: Aus Bremen
trifft der Volksbeauftragte Alfred Henke
in Verden ein, um mit den Militärs zu verhandeln, was aber
abgelehnt wird.
- 31.
Januar: Der Vormarsch der "Division Gerstenberg"
(eine zusammengewürfelte Truppe von 1500 Mann) beginnt.
- 1.
Februar.: Der bremische
Rat der Volksbeauftragten
bittet um Auf-schub der Operation der Division Gerstenberg
und sagt die Abgabe der Waffen zu. Die Mehrheitsso-zialisten
werden zu den Sitzungen des Arbeiterrates wieder zugelas-sen.
- 2.
Februar: Der Vorsitzende des Soldatenrats von Bremerhaven,
Heinrich Armgard,
ruft Noske in Berlin an und weist ihn auf den reaktionären
Charakter der "Divi-sion Gerstenberg"
hin. Noske
er-klärt, er wolle Ordnung in Bremen.
- 3.
Februar: Der Rat der Volksbe-auftragten in Bremen
will zurück-treten und einem neuen Platz machen, der sich
aus Vertretern der MSPD, der USPD
und der KPD zusammensetzt. Außerdem wird zugesichert, dass
die Arbeiter ihre Waffen an Bremer
Soldaten über-geben, die dann auch den Sicher-heitsdienst
übernehmen sollten. Die "Division Gerstenberg"
dagegen solle sich zurückziehen. Eine Dele-gation überbringt
die Vorschläge den militärischen Behörden in
Ver-den.
Dort haben aber Vertreter der Bürgerlichen mit den
Mehrheitsso-zialisten inzwischen der Besetzng Bremens
durch Regierungstruppen zugestimmt. Die Entscheidung ist damit
gefallen. Die vielfältigen Be-mühungen, die Eroberung
der deutschen Stadt Bremen durch deutsche Truppen zu vermeiden,
scheitern allesamt. Schwarzwälder urteilt: "Es ist
wahrscheinlich, dass Noske längst keine Kompro-misslösung
mehr wollte, sondern eine militärische Entscheidung, durch
die der Wille der Reichsregierung voll durchgesetzt wurde, um auf
diese Weise für ganz Deutschland ein Zeichen zu setzen."
(Schwarzwälder,
Ge-schichte der Freien Hansestadt Bremen,
Bd. III, S. 81).
- 3.
Februar: Um 14.20 Uhr beginnt die letzte Sitzung des Arbeiter-
und Soldatenrates.
- 4.
Februar: Die Offensive der "Division Gerstenberg"wird
eröffnet. Bewaffnete Arbeiter weh-ren sich, haben aber gegen
die im Straßenkampf geübten Soldaten keine Chance. Um
21. Uhr ist Bremen
von den Regierugstruppen erobert.
- 5.
Februar: Regierungstruppen besetzen die AG Weser
und holen die Rote Fahne vom Gebäude der Verwaltung
herunter. Die Zeitung der KPD "Der Kommunist"
wird verboten, dagegen die Bremer
Bürgerzeitung der USPD
genom-men und den Mehrheitssozialisten wieder übergeben.
Streiks, die am 6. Februar einsetzen, brechen bis zum 10. Februar
zusammen.
- 8./9.
Februar: Die Eroberung des Freistaats wird beendet, als ein
Verband unter Major Stobbe
die Unterweserstädte Bremerhaven, Geestemünde und Lehe
besetzt. Hier kam zu keinen Kämpfen.
- 12.
Februar. Die Beerdigung der Opfer vom 4. Februar wird noch
einmal zu einer Demonstration für die gescheiterte
Räterepublik in Bremen.
Während der Kämpfe um Bremen waren 81 Menschen
ge-storben, darunter zahlreiche Unbe-teiligte, nämlich 18
Männer, fünf Frauen und sechs Kinder - ein Massaker,
das Noske hätte ver-meiden können, wenn er das ge-wollt
hätte.
|
1919,
5. 2. |
Bremen:
Gründung der "Stadtwehr". Die Mitglieder sollen die
Polizei und das Militär unterstützen. Kommandant wird
der Major Caspari. |
1919,
6. 2. |
Bremen:
Streik bei der AG Weser. Er dauert bis zum 9. Februar. Die
Forde-rungen: Ende der militärischen Bewa-chung der Betriebe.
Abzug der Division Gerstenberg. Entwaffnung der
Freiwil-ligen-Abteilung Caspari. |
1919,
8. 2. |
Bremen:
Am Bürgerpark werden Villen geplündert. |
1919,
19. 2. |
Bremen:
Das "Landesschützenkorps" rückt aus Bremen ab. |
1919,
26. 2. |
Bremen:
Die Zeitung "Der Kommunist" wird "bis auf weiteres"
verboten. |
1919,
4. 3. |
Bremen:
Erneuter Streik auf der AG Weser. Diesmal geht es um die
Befrei-ung der Gefangenen, die seit der Erobe-rung Bremens durch
die Regierungs-truppen einsaßen. |
1919,
8. 4. |
Bremen:
Letzte Sitzung des alten, nach dem 8-Klassen-Wahlrecht bestimmten
Senats. Am 10. April wählt die bremi-sche Nationalversammlung
einen neuen Senat, dem zehn sozialdemokratische und acht
bürgerliche Senatoren angehö-ren. Der Präsident des
Senats und sein Stellvertreter werden am 15. April ge-wählt. |
1919,
12. 4. |
Bremen:
Zwei amerikanische Schiffe bringen Lebensmittel in die Weserhäfen.
Diese und die folgenden Schiffe legen aber wegen der sozialen
Spannungen in der Hansestadt nicht in Bremen sondern in Brake an. |
1919,
16. 4. |
Bremen:
Generalstreik in der Hanse-stadt. Es beteiligen sich die
Werftarbei-ter, die Arbeiter des Gaswerks, die Straßenbahner
und andere. Das Bürger-tum reagiert vom 20. April an mit
einem Abwehrstreik. Sämtliche Betriebe, Ver-kaufsstellen,
Kinos, Theater sind ge-schlossen, Auch die Ärzte beteiligen
sich. |
1919,
26. 4. |
Bremen:
Heftige Zusammenstöße zwi-schen Streikenden und
Streikbrechern bei der Straßenbahn. Der Betrieb wird
kurzfristig wieder aufgenommen, muss aber wieder eingestellt
werden. Das Gaswerk kann wieder in Betrieb genom-men werden,
obwohl die Arbeiter den Streik fortsetzen. Der Senat gibt
be-kannt, dass die Lebensmittelgeschäfte wieder eröffnet
werden. Zur Behebung der Unruhen wird über Bremen
ein-schließlich Vegesack und dem Landge-biet der
Belagerungszustand verhängt, außerdem werden
außerordentliche Kriegsgerichte eingesetzt. (am 9.
Sep-tember wieder aufgehoben) |
1919,
27. 4. |
Bremen:
Der Generalstreik ist beendet. Die städtischen Werke
produzieren Gas und Strom. Die Straßenbahn fährt
wieder. |
1919,
28. 4. |
Bremen:
Ein Putsch des "Roten Solda-tenbundes" wird abgewehrt, indem
die führenden Mitglieder verhaftet werden. |
1919,
29. 4. |
Bremen:
Der 21er Rat fordert die Arbei-ter auf, die Arbeit am 30. April
wieder aufzunehmen. Die Revolution ist been-det. |
1919,
8. 8. |
Bremen:
Streik der Versicherungsange-stellten. |
1919,
8. 9. |
Bremen:
Der Betrieb von Hansa-Lloyd wird geschlossen, weil 500
Hilfsange-stellte streiken. Der Arbeitskampf wird am 15. September
beendet. |
1919,
6. 5. |
Oldenburg/Bremen.
Der Landtag in Ol-denburg lehnt den Antrag auf Vereini-gung des
Freistaats Oldenburg mit der Hansestadt Bremen ab. |
1919,
26. 9. |
Bremen:
In der Hansestadt wird eine Ortsgruppe des Stahlhelms
gegründet. Der "Bund der Frontsoldaten" war
republikfeindlich, jedoch nicht monar-chistisch. Er ging nach der
"Macht-ergreifung" der Nazis in der SA
auf. |
1919,
2. 11. |
Bremen.
Gründung der Volkshochschule.
Die Anregung dazu gab Pastor Emil Felden.
1935 übernahm das "Kreis-schulungsamt der NSDAP"
die Aufga-ben des "Vereins Bremer
Volkshoch-schulen e. V.". Die Institution wurde am 5. 10. 1946
im Rathaus
wieder eröffnet. |
1919,
25. 5. |
Bremen.
Der 1. Mai
wird in der Hansestadt gesetzlicher Feiertag. Das Gesetz wird am
1. Mai 1922
von der Bürgerschaft mit Mehrheit aufgehoben, wobei die Linke
die "verfassungs- und geschäftsordnungwidrige Methode"
der Abstimmung kritisierte. Im entscheiden-den Moment erloschen
nämlich in der Bürgerschaft die Lampen, so dass der
Präsident die Stimmen bei dem Licht von Kerzen und
Streichhölzern zählen musste. Der Senat billigt am 28.
April 1922 den Beschluss des Parlaments, der damit in Kraft tritt. |
16.
9. 1919 |
Bremen:
Streik der Hafenarbeiter. Er dauert bis zum 3. Oktober 1919. |
1919,
19. 9.. |
Bremen:
Die Atlas-Werke schließen und entlassen die Arbeiter. |
1919,
20. 9. |
Bremen:
Streik der Straßenbahn-Arbei-ter (Handwerker und
Werkstätten-Per-sonal) |
1919,
20. 9. |
Bremen:
Streik des Fahrpersonals der Bremer Straßenbahn. Dazu ergeht
am 28. September ein Schiedsspruch. Der Streik endet aber erst am
19. Oktober 1919. |
1919,
5. 10. |
Bremen:
Das Neuenlander Feld wird Zwischenlandeplatz der Fluglnie
Am-sterdam - Hamburg - Kopenhagen. |
1919,
24. 10. |
Bremen:
Der Fahrpreis bei der Straßen-bahn steigt von 15 auf 20
Pfennige. |
1919,
2. 11. |
Bremen:
Eröffnung der Volkshochschule. |
1919,
4. 2. |
Bremen:
Auf dem Friedhof in Walle werden die Opfer der Revolution von
1918/1919 gemeinsam beerdigt. |
1919,
15. 2. |
Bremerhaven/Geestemünde/Lehe:
36 von 37 Schneidern in mehreren Herren-Bekleidungsgeschäften
treten für 30 Tage in einen Streik, der am 18. März
endet. Sie erhalten einen Zuschlag von 60 bis 115 Prozent zu dem
bisherigen Lohns. |
1919,
9. 1. |
Bremerhaven/Geestemünde/Lehe:
Kon-ferenz der drei Bürgermeister von Bre-merhaven,
Geestemünde und Lehe
mit dem Regierungspräsidenten Grashoff
aus Stade
sowie weiteren Beamten über die Frage, ob es möglich
sei, die drei Städte zu einer einzigen zu vereinigen. Die
Situation erläutert der Stadtdirektor Becké
von Bremerhaven
so: "Die kommunalpolitische Trennung der drei Städte hat
bewirkt, dass drei städtische Gasanstalten, drei städtische
Elektri-zitätswerke, drei Wasserwerke einge-richtet und
betrieben werden, dass drei selbständige Sparkassen bestehen,
dass zwei Schlachthöfe betrieben werden, dass drei städtische
Krankenhäuser ... betrieben werden ...." und so weiter.
Angesichts dieser Unzuträglichkeiten stimmten Bremerhaven und
Lehe, wenn
auch mit Einschränkungen, der Forde-rung nach einer
Zusammenlegung zu, Geestemünde jedoch lehnte ab, weil die
Stadt nicht bereit war, sich Bremen
anzuschließen. Damit geriet das Vorha-ben auf die lange Bank
und wurde erst 1939 unter ganz anderen Auspizien realisiert. |
1919,
2. 6. |
Bremerhaven/Geestemünde/Lehe:
In dreizehn Betrieben des Bau- und des Zimmererhandwerks streiken
alls 130 Beschäftigte bis zum 11. Juni 1919 zehn Tage lang
und erzielen einen Zuschlag zum Stundenlohnvon 25 Pfennigen. |
1919,
6. 6. |
Bremerhaven/Geestemünde/Lehe:
35 von 58 Musikern in den Gastwirtschaften der Unterweserorte
treten in einen Streik, um höhere Honorare zu erzielen. Sie
erzielen einen Teilerfolg. Hinter-grund: Nach dem Krieg und
angesichts der gegewärtigen Notlage stürzen sich die
Menschen in einen Vergnügungs-rausch, um all das, was gewesen
ist und sie noch bedrückt, zu vergessen. Dass in einer
solchen Situation die Musik schweigt, ist natürlich
unerträglich und da auf der anderen Seite die Gastwirte gut
verdienen, ist ein Erfolg des Musikerstreiks möglich. |
1919,
1. 7. |
Bremerhaven/Geestemünde/Lehe:
Streik in den Kaufhäusern Bartsch, Schocken, Lewy, Liepmann,
Hirsch usw.. Es beteiligen sich alle 217 Angestellten und erzielen
nach neun Tagen am 10. Juli auch einen Erfolg. |
1919,
16. 1. |
Bremerhaven:
Alle 400 Straßenbahner treten inden Streik. Sie setzen in
nur einem Tag ihre Forderungen durch. |
1919,
1. 5. |
Bremerhaven:
Die Stadtverordneten be-schließen die Übernahme des
Theaters in städtische Regie. |
1919,
1. 7. |
Bremerhaven:
Alle Straßenbahner treten in einen Streik, weil eine bereits
zugesagte Lohnerhöhung nicht ausge-zahlt wurde. Nach sieben
Tagen setzen sich (am 7. Juli 1919) durch. |
1919,
30. 10. |
Bremerhaven:
Alle 431 Straßenbahner treten erneut in den Streik, um
ange-sichts der Inflation eine Lohnerhöhug durchzusetzen. Der
Ausstand endet nach 50 Tagen am 20. Dezember 1919 mit einem
Erfolg. |
1919,
19. 2. |
Bremerhaven/Geestemünde:
Alle 16 Netzmacher in den Fischereihäfen strei-ken. Der
Ausstand dauert bis zum 24. Februar und bringt eine Lohnerhöhung
von 1,40 auf 1,70 Mark die Stunde. |
1919,
14. 4. |
Bremerhaven/Geestemünde.
Alle 222 Männer der Fischdampferbesatzungen streiken für
mehr Lohn und bessere Ar-beitsbedingungen. Sie erhalten nach 21
Tagen (am 5. Mai 1919) die gleichen Prämien und die gleiche
Verpflegung wie die Besatzungen der Minensuch-boote. |
1919,
Mai |
Bremerhaven/Geestemünde:
83 Angestellte der Werften fordern eine Erhöhung der Gehälter
und eine Verkür-zung der Arbeitszeit und treten deshalb in
den Streik. Sie erzielen nach zwei Tagen einen Erfolg. |
1919,
19. 6. |
Bremerhaven/Geestemünde:
In den Fi-schereihäfen streiken die Korbmacher bis zu 26
Wochen lang. Es kommt zu Aussperrungen. Das Ergebnis des
Ar-beitskampfes ist nicht bekannt. |
1919 |
Bremerhaven/Geestemünde.
Arbeiter der Hanseilfabriken Reckelmann sowie Schur & Lange
treten in einen Streik, der am 15. Juli 1919 mit einem Erfolg
endet. Weitere Einzelheiten nicht be-kannt. |
1919,
22. 9. |
Bremerhaven/Geestemünde.
Der See-mannsbund organisiert einen Streik gegen die Reedereien
der Hochsee-fischerei, an dem 144 der 170 Beschäf-tigten
teilnehmen. Der Arbeitskampf dauert 14 Tage lang bis zum 6.
Oktober und endet mit einer völligen Niederlage. Der
Seeannsbund wird aufgelöst. |
1919 |
Geestemünde:
Gründung des "Instituts für Seefischerei".
Seit 1948 "Institut für Meeresforschung".
Die Einrichtung hat seit 1967 ihren Sitz in einem Neubau an der
Schleuse zum Fischereihafen. |
1919 |
Geestemünde:
Die "Berlin" aus Altona sinkt in der Nordsee. Die Besatzung
ertrinkt. |
1919,
25. 6. |
Geestemünde:
Die Arbeiter der geestemünder Mühlenwerke streiken drei
Tage lang. Keine weiteren Einzelheiten. |
1919,
3. 4. |
Lehe:
222 Holz-Arbeiter der Firma W. Rogge streiken für mehr Lohn
und bes-sere Arbeitsbedingungen. Der Ausstand dauert zwei Tage und
endet mit einem Teilerfolg. |
1919 |
Nordenham:
Die Stadt kauft den Hof "Altensiel"
mit der Ziegelei
und be-treibt die Fabrik in eigener Regie weiter. Der Betrieb wird
1940 stillgelegt und in den 60er Jahren abgerissen. |
1919 |
Tossens:
Der Galerie-Holländer
bei Tossens wird abgebrochen. Die Mühle
war 1873 erbaut worden. Zuvor gab es in Tossens eine
Bockwindmühle,
die aber in der Nacht vom 24. zum 25. Aril 1873 abbrannte. Im
übrigen gab es Tossens
seit dem 16. Jahrhundert eine Mühle. |
1919 |
Abbehausen:
Die Hobenmühle,
die noch bis 1918 gearbeitet hat, wird abgerissen. Sie war 1857/58
errichtet worden. Vorher gab es in der Gemeinde eine
Bockwindmühle. |
1919-1922 |
Lemwerder:
Bau der Bahn von Delmen-horst nach Lemwerder. Die Strecke wird am
31. 10. 1922 eröffnet. Damit ist der Eisenbahnbau im
Oldenburger Land ab-geschlossen. Das Ergebnis: Abgesehen von
Wiefelstede hat numehr jedes größere Dorf im Land
seinen Bahnan-schluss oder anders ausgedrückt: Es gibt im
nunmehrigen Freistaat kein Haus, das weiter als zehn Kilometer von
der nächsten Station entfernt steht. |
1919
- 1923 |
Wilhelmshaven:
In dem früheren Stütz-punkt der kaiserlichen Marine
blüht das Schrottgeschäft: Auf mehreren Werften werden
112 deutsche Kriegsschiffe, 82 Handelsschiffe und 100 weitere
Einhei-ten aus den USA,
Frankreich
und Pro-duktion
abgebrochen. Unter anderen endet hier die Kaiser-Yacht
"Hohenzollern
II". |
1919,
15. 1. |
Rüstringen/Wilhelmshaven:
Freikorps-Männer ermorden Rosa Luxemburg
und Karl Liebknecht,
die Führer
der soeben gegründeten Kommunistischen Partei Deutschlands,
ein Verbrechen, für das der damalige Reichswehrminister
Gustav Noske
die politische Verantwortung trägt. Darauf-hin ereignet sich
an der Jade Folgendes:
- 20.
Januar:
Die Kommunisten der Festung rufen zu einer Protest-kundgebung
gegen die Ermordung der beiden Politiker auf.
- 26.
Januar:
Gemeinsame Kundge-bung der SPD,
USPD und
KPD auf dem Adalbert-Platz
in Wilhelmsha-ven.
Letztes gemeinsames Auftre-ten der drei Arbeiterparteien. Es
spricht noch einmal Bernhard Kuhnt,
der unmittelbar darauf zur Berichterstattung nach Berlin
fährt. Dort wird er verhaftet. Zwar er-weisen sich später
die Vorwürfe als haltlos, jedoch scheidet er damit aus dem
politischen Gesche-hen an der Jade
aus.
- 27.
Januar:
Sogenannter Kommu-nisten-Putsch. Die Spartakisten
um den Volksschullehrer Jörn
besetzen den Bahnhof,
das Fernsprechamt, die Post, die Banken, das Lebensmittelamt und
"einige" Rathäuser. (In den beiden Städten gab es
neben dem Rathaus in Wilhelmshaven
noch solche für die ehemaligen Gemeinden Bant
und Heppens;
Neuende
hat es nie zu einem eigenen Rathaus gebracht.). Ihr Hauptquartier
ist die Tausend-Mann-Kaserne.
Zur Finanzierung des Putsches erpressen sie von der Reichsbank
die Auszahlung einer größeren Geldsumme. Die Gruppe
ruft Wilhelmshaven
zu einer "Sozialistischen Republik" aus. Die Spartakisten
bleiben aber isoliert: Die Arbeiter der Werft schließen
sich ihnen nicht an und die Beamten so wie die Angestell-ten in
Wilhelmshaven
verweigern ihnen den Gehorsam. Vor dem Offizierskasino kommt es
zu einer spontanen Protestkundgebung ge-gen die Putschisten.
- In
der Nacht zum 28. Januar gehen Offiziere, Deckoffiziere und
Be-rufssoldaten mit Artillerie gegen die Tausendmann-Kaserne
vor, der man die Versorgung mit Strom und Wasser abschneidet. Bei
den Kämpfen werden 8 Männer getötet und 46
verletzt. Gegen 3 Uhr ziehen die Spartakisten
- etwa 400 Mann - ab. Jetzt distanziert sich auch der
Arbeiter- und Soldatenrat
von dem Putsch, unterstellt sich ausdrücklich der Regierung
in Berlin
und verhängt den "Belagerungszustand".
- 1.
Februar:
Konferenz aller Betei-ligten (also der Arbeiterparteien und der
bürgerlichen Gruppen, natürlich ohne die Kommunisten)
im Stationsgebäude
mit dem Sta-tionschef. Daraufhin entspannt sich die Lage.
- 7.
Februar: Festungskommandant und Arbeiter- und Soldatenrat
ordnen die Abgabe aller Waffen bis zum 11. Februar an.
- 17.
Februar:
Das Landesschützen-korps unter dem Kommando des Generals v.
Roeder
zieht in Wil-helmshaven ein. Paul Hug
wird zum Reichskommissar für die Festung ernannt. Damit ist
die Revolution an der Jade
beendet.
- Bremerhaven/Lehe/Geestemünde,
3. Februar:
Der Soldatenrat rüstet gegen den Willen das Arbeiterrates
150 Freiwillige mit Waffen aus, die dann mit einem Sonderzug nach
Bremen
fahren, um die dortige "Räterepublik"
gegen die Divisi-on Gerstenberg
zu unterstützen. Der Einsatz endet damit, dass die
Bremerhavener
sehr rasch fliehen.
Die
Aktion bedeutet das Ende des Soldatenrates
an der Unterweser.
Der Arbeiterrat
stellte Ende 1919 seine Tätigkeit ein. Er hatte faktisch
keine Funktion mehr, weil die Gemeindeorgane inzwischen
demokratisch gewählt waren und ihre Arbeit machten. Am 8.
Februar 1920 werden die Unterweserorte von einer Abteilung der
Landesschützen-brigade besetzt, die etwa 100 Personen
festnimmt. Damit ist die Revolution auch hier beendet. |
1919,
März |
Rüstringen/Wilhelmshaven:
Bildung der "Marine-Brigade Wilhelmshaven",
später "Brigade Erhardt".
Sie spielt ein Jahr später beim Kapp-Putsch
eine Rolle. |
1919,
1. 4. |
Wilhelmshaven:
Die Gemeinde wird "kreisfreie Stadt". |
1919,
13. 4. |
Rüstringen/Wilhelmshaven:
Gründung des Zweigvereins Rüstringen/Wilhelms-haven des
Katholischen Deutschen Frauenbundes. |
1919,
1. Mai |
Rüstringen/Wilhelmshaven:
SPD und
USPD halten
getrennte Maifeiern ab |
1919,
15. Mai |
Rüstringen/Wilhelmshaven:
Auf dem Bismarckplatz
protestieren die Bürger-lichen gegen die Bedingungen des
Friedensvertrages von Versailles. |
1919,
13. 6. |
Rüstringen/Wilhelmshaven:
Trauerfeier "aller Sozialisten" für Rosa Luxem-burg,
Karl Liebknecht
und den in München ermordeten Leviné
auf dem Bismarckplatz.
Sie ist nur schwach besucht. Der revolutionäre Elan gehört
der Vergangenheit an. |
1919,
17. 12. |
Rüstringen/Wilhelmshaven:
In Mariensiel
gehen 40.000 15-cm-Granatenin die Luft, die dort entschärft
werden sollten. Das Unglück fordert 27 Tote, davon zehn aus
der Bevölkerung. Der Sachschaden istenorm. |
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